Teuerung, knausrige Unternehmen, lasche Lohabschlüsse
Stell dir vor, die unmittelbar wichtigen Dinge fürs Leben wie Mieten, Lebensmittel und Energie sind auf einen Schlag um ein Fünftel teurer als im Vorjahr? Was soll diese unvorstellbare und obszöne Schwarzmalerei werden jetzt viele Fragen. Die 9,3prozentige Teuerungsrate ist ohnehin mehr als schlimm genug.
Vorsicht geboten!
Der sogenannte Verbraucherpreisindex (VPI) errechnet sich aus einem Warenkorb, in dem nicht nur die Produkte des täglichen Bedarfs, sondern auch Produkte die wir nicht täglich, wöchentlich, selbst nicht einmal jährlich kaufen werden. Das Beispiel TV-Geräte: Sie gehören zwar bereits zum Standard eines österreichischen Haushaltes, deren Preisniveau verändert sich kaum, aber sie werden im Normalfall einmal für viele Jahre gekauft.
Der im Warenkorb enthaltene „Konsumschrott“ sinkt somit die Inflationsrate deutlich. Aussagekräftiger ist, der VPI des wöchentlichen Einkaufs. Bei diesem liegt die Teuerungsrate nicht bei den 9,3 Prozent, sondern ist mehr als doppelt so hoch und beträgt 19,1 Prozent. Das ist jene Teuerung, die wir tatsächlich spüren und das ist jene Summe, um welche unser Einkommen an Wert verloren hat. Alle um ein Fünftel teurer als im Vorjahr ist also keine obszöne Schwarzmalerei, sondern „unser tägliches Brot“ von heute.
Die G´werkschaft wird schon richt´n
Im Vorfeld der Frühjahrs-KV-Lohnrunde meinte PRO-GE-Vorsitzender Rainer Wimmer vollmundig „die besten Abschlüsse aller Zeiten“ zuwege zu bringen. Doch trotz der guten Voraussetzungen, den vollen Auftragsbücher und dem gestiegenen Wirtschaftswachstum lagen alle Abschlüsse unter der damals aktuellen Inflationsrate.
Die Ausrede aller führenden Gewerkschaftsverhandler*innen: Man verhandelt nicht über die aktuelle, schon gar nicht über eine zukünftige, sondern um die durchschnittliche Inflationsrate des gesamten letzten Jahres. Diese lag ebendeutlich unter der aktuellen Inflationsrate. Das Argument, dass die betroffenen Kolleg*innen nicht den statistisch geschönten Inflationswert, sondern die tatsächliche Teuerung spüren, wurden einfach vom Tisch gewischt.
In einigen Wochen starten die Herbst-KV-Lohnrunden Traditionell beginnen die Metaller*innen und ihr Abschluss hat Leitfunktion für die weiteren Verhandlungsrunden. Metallerchef Wimmer verkündet, dass sicher nicht unter der Inflationsrate geschlossen wird und im Gegenteil über einen Reallohnzuwachs verhandeln wird.
Es gilt wieder: Vorsicht geboten,…
… denn gleichzeitig wimmert er von einer rollierenden Inflationsrate von sechs bis sieben Prozent. Also unter der aktuellen Inflation und fernab des VKI des wöchentlichen Einkaufs. Das lässt eher einen schlimmen Reallohnverlust erwarten.
Es ist längst Zeit, dass unsere sozialdemokratischen Gewerkschaftsführenden sich von diesem „sozialpartnerschaftlichen Beschiss“ trennen und der Realität in die Augen schauen. Ein Reallohngewinn ist nur dann zu erzielen, wenn sich die Lohnverhandlungen-Forderungen mindestens aus Produktivitäts- und Inflationsausgleich aus der Preissteigerung des Warenkorbs des wöchentlichen Bedarfs zusammensetzen.
Aber auch wir alle sind gefordert: Wir müssen bereit sein für aktiven Widerstand – gegen die Teuerung, gegen die knausrigen Unternehmen, aber auch gegen die laschen Gewerkschaftsspitzen á la Wimmer & Co…
Josef Stingl (stv. Bundesvorsitzender des GLB)