Wichtige Initiativen des GLB
Oliver Jonischkeit über den Bundeskongress des ÖGB
Bereits am Vorabend des 20. ÖGB- Bundeskongresses – der vom 20. bis 22. Juni 2023 tagte – fand eine Veranstaltung des GLB als Gründungsfraktion des ÖGB gemeinsam mit der KPÖ statt.
Michael Graber ging auf die schwierigen Jahre nach 1945 und die im „kleinen Kreis“ vereinbarten Lohn- Preis-Abkommen ein. Das vierte derartige Abkommen war Auslöser des Oktoberstreiks zwischen 26. September und 5. Oktober 1950, nachdem die Inhalte des Abkommens bekannt wurden: Etwa, dass Mehl um 64 Prozent, Zucker um 34 Prozent und Brot um 26 Prozent teurer werden sollten.
Auch heute spielt die Teuerung wieder eine große Rolle – so kann sich ein Drittel der Bevölkerung die Miete kaum noch leisten. Immer mehr Menschen droht auch bei Arbeit das Abrutschen in die Armutsfalle, während viele Konzerne hohe Profite machen.
Dass die Teuerung in Wirklichkeit auch eine Verteilungsfrage ist, in der sich der Klassenkampf von oben besonders deutlich zeigt, war Thema einer Podiumsdiskussion mit Georg Erkinger (GLB), Günther Hopfgartner (KPÖ) und Kevin Guillas-Cavan vom französischen Gewerkschaftsverband CGT.
Programm: Dafür ÖGB
Mit 155 Seiten rekordverdächtig umfangreich ist das vom ÖGB-Bundeskongress beschlossene Programm. Dieses enthält, abgesehen von der Sehnsucht nach der „Sozialpartnerschaft“ bzw. auf EU-Ebene nach dem „sozialen Dialog“ und der durchaus treffenden Bemerkung, dass „die Lohnarbeit das Rückgrat der heutigen kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist“, durchaus bemerkenswerte Forderungen. So nach einer generellen gesetzlichen Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich und der Absenkung der höchstzulässigen Tages- und Wochenarbeitszeit.
Mit der Forderung einer finanziellen Absicherung der Schüler:innen und Studierenden in den Gesundheits-, Sozial- und Betreuungsberufen wurde eine Forderung aufgegriffen, die der GLB bereits in der Wiener AK gestellt hat. Hier müssen auch die Arbeitsbedingungen attraktiver werden.
Der ÖGB fordert die Wiederherstellung der Mehrheiten für die Arbeitnehmer:innen in den Selbstverwaltungsgremien der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK).
Auf Antrag des GLB-Bundesvorsitzenden Georg Erkinger fordert der ÖGB nun nicht nur die Rücknahme der Körperschaftssteuersenkung von 25 auf 23 Prozent, sondern auch eine Anhebung des Steuersatzes. Zentrale Leistungen der Daseinsvorsorge wie Wohnen, Gesundheit, Pflege, Bildung, öffentlicher Verkehr, Energieversorgung etc. müssen im Interesse des Gemeinwohls öffentlich gestaltet, gesteuert und erbracht werden.
Weiters fordert der ÖGB im Programm, dass es keine weiteren Liberalisierungen bzw. Privatisierungen geben darf. Öffentliche Infrastruktur und öffentliche Leistungen sind in der Hand von Gemeinden, Ländern oder des Staates zu belassen – wo dies notwendig ist, müssen auch bereits privatisierte Bereiche wieder in die öffentliche Hand rückgeführt werden.
Ebenfalls ein wichtiger Punkt des Programms, für den sich der GLB aktiv einsetzt, ist die Forderung nach einer Anhebung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld und die Valorisierung der laufenden Leistungen in der Arbeitslosenversicherung.
Dass es gilt, viel stärker Initiativen für den Frieden zu setzen und die gute Zusammenarbeit mit der österreichischen und globalen Friedensbewegung auszubauen und zu stärken, ist richtig – auch wenn das Entziehen der Räume in der ÖGB-Zentrale für eine Friedenskonferenz zwei (!) Tage vor der geplanten Veranstaltung ein Signal in die falsche Richtung war.
Mindestlohn und Kilometergeld
Unter anderem für eine rasche Umsetzung der Forderung nach einem Mindestlohn von 2.000 Euro und ein höheres amtliches Kilometergeld für jene, die ihr privates Auto für ihre Arbeit benützen müssen – etwa in der mobilen Pflege – sprach sich der GLB aus, der auf eine entsprechende Kampagne der Gewerkschaft GPA aufmerksam machte. Weiters setzte sich der GLB für ein Ende der Scheinselbstständigkeit bei 24-Stunden-Betreuer:innen und die Einführung eines Mietpreisdeckels ein.
In seiner Abschlussrede sprach ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian von der Notwendigkeit, über einen Generalkollektivvertrag den Mindestlohn von 2.000 Euro rasch umzusetzen – und auch, dass sich alle den 16. September freihalten sollen – für den Fall etwaiger Aktionen des ÖGB, sollten diese nötig sein.
Sie werden nötig sein – aber nicht als Höhepunkt und Abschluss, sondern als Auftakt in einen „heißen Herbst“ – und es werden noch viele Aktivitäten des ÖGB auch abseits der „Sozialpartnerschaft“ nötig sein, wenn es um die Durchsetzung des ambitionierten ÖGB-Programms geht.
Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB und AK-Rat in Wien