Vor allem Frauen betroffen
Markus Blümel zum Thema Sonntagsarbeit.
Vor gut 20 Jahren wurde die Allianz für den freien Sonntag Österreich gegründet. Heute umfasst sie mehr als 50 Mitgliedsorganisationen, darunter GLB, GPA, ÖGB, AK, Kirchen, Kinder- und Jugendorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Initiativen.
Die Allianz engagiert sich für den Erhalt des arbeitsfreien Sonntags, dem einzigen gemeinsamen freien Tag der Woche – für möglichst viele Menschen.
Mitten in der Pandemie zeigt eine aktuelle Umfrage der „Sonntagsallianz“: Sechs von zehn Befragten wollen den arbeitsfreien Sonntag als gemeinsame freie Zeit unbedingt behalten und sind nicht bereit, am Sonntag regelmäßig zu arbeiten. Bei Frauen sind das sogar 63 Prozent. Ebenfalls knapp 60 Prozent möchte keine „Flexibilisierung“ der Arbeitswoche und würde die Aufhebung der Wochenendruhe zu Gunsten mehr individuell freier Tage nicht akzeptieren.
52mal im Jahr ein planbarer freier Tag, der nicht jedes Mal mit dem Arbeitgeber auszuhandeln ist, das ist ein hoher Wert. Gemeinsam frei haben zu können ohne ständigem Koordinationsaufwand, das ist eine soziale Errungenschaft, die natürlich bestimmten Akteuren in Wirtschaft und Politik ein ständiger Dorn im Auge ist. So gab es wohl kaum eine Zeit in den letzten Jahrzehnten, zu der nicht an der Sonntagsruhe gerüttelt und nicht versucht wurde, diese zu torpedieren oder zumindest diese auszuhöhlen. Geht es doch um nicht weniger als um die Frage: Wer verfügt über uns und über unsere Lebenszeit? Der arbeitsfreie Sonntag ist eine kollektive Vereinbarung, die der Fremdverfügung eine Grenze setzt und auch den Schwächsten in der Gesellschaft Freiheit gibt!
„Es muss klare Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit geben. Der Sonntag ist so eine Grenze“, sagte AK-Präsidentin Renate Anderl zum „Internationalen Tag des freien Sonntags“ am 3. März 2021. „Wir sehen gerade jetzt, mit verstärkter Arbeit im Homeoffice in der Corona-Krise, wie schnell Arbeit und Freizeit verschwimmen: Pausen werden nicht eingehalten, man ist ständig, auch nach Dienstende, erreichbar, Beschäftigte arbeiten auch krank von zuhause oder wenn sie eigentlich Pflegefreistellung für Kinder haben.“
Beim Thema „Freier Sonntag“ wird immer wieder von den Gegner*innen des Sonntags das Arbeitsplatzargument ins Treffen geführt, als würde sich durch eine weitere Ausdehnung der Öffnungszeiten (nicht nur in die Nacht hinein, sondern auch auf den Sonntag) das verfügbare Einkommen der Menschen erhöhen. Dieses Argument hat noch nie so wenig zugetroffen wie derzeit! Die Finanzlage der Österreicher*innen ist angespannt, so die Umfrage: Jeweils 55 Prozent geben an, ihre Ausgaben und Einnahmen stärker zu überprüfen bzw. sich beim Konsum zurückzuhalten.
Wenn online bestellt wird, dann übrigens hauptsächlich am Samstag. ÖGB-Präsident Katzian weist auf die Folgen des online-Handels hin: Zunahme von Scheinselbständigkeit, vor allem Lohndumping, Arbeitszeitüberschreitungen etc. „Arbeitnehmer*innen tolerieren viel Unzumutbares, auch immer mehr Arbeit an Sonn- und Feiertagen, aus Angst, ihren Job zu verlieren“.
Traditionell hoch ist die Ablehnung der Sonntagsarbeit unter Handelsangestellten, das haben immer wieder Befragungen der letzten Jahre ergeben. Die aktuelle Untersuchung macht aber deutlich, dass auch bei Konsument*innen eine sehr hohe Sensibilität für den freien Sonntag gegeben ist. Die wichtigsten Aspekte des freien Sonntags sind für die Befragten die Planbarkeit und der geringere Stress.
Vor 1.700 Jahren (3.3.321) hat der römische Kaiser Konstantin den Sonntag als wöchentlichen Ruhetag im damaligen römischen Weltreich erstmals eingeführt (für Richter, Stadtleute und Gewerbetreibende). Es war dann noch ein langer Weg, bis der freie Sonntag für so viele Menschen wie heute zur Realität wurde. Die Allianz für den freien Sonntag Österreich mit den beiden Sprechern Philipp Kuhlmann (ÖGB) und Bischof Wilhelm Krautwaschl (römisch-katholische Kirche) wird sich auch 1701 Jahre nach dem Edikt von Kaiser Konstantin für den arbeitsfreien Sonntag – für Arbeitnehmer*innen im Handel und für möglichst viele Menschen – einsetzen, wie sie das auch im Rahmen ihrer aktuell laufenden Kampagne tut:
Die türkis-blaue Regierung hat 2018 nämlich nicht nur den 12-Stundentag wieder eingeführt, sie hat auch das Arbeitsruhegesetz verändert und damit massiv in den freien Sonntag eingeschnitten. Ziel der Kampagne ist die Rücknahme der Ausnahmeregelung (vier Sonn-/Feiertage pro Jahr und Arbeitnehmer*in) im Arbeitsruhegesetz (ARG), die seit 1. September 2018 in Kraft ist.
Markus Blümel ist Koordinator der Allianz für den freien Sonntag
Foto: Sonntagsallianz