Unsaubere Machenschaften
Georg Erkingers Editorial
Man kennt die Vorgangsweise, Missstände auszulagern leider allzu gut. Umweltzerstörung und Verletzung von Menschen- und Arbeitsrechten werden von zuliefernden Firmen begangen und selbst wäscht man seine Hände in Unschuld. In dieser Ausgabe beschäftigt sich Peter Fleissner mit der Frage globaler Lieferketten.
Um ausgelagerte Missstände aufzuspüren, braucht man aber nicht besonders weit um den Erdball zu blicken. Ein Blick zur Maskenproduktion von Hygiene Austria reicht. Die Arbeiterkammer Wien kritisierte in einer Pressekonferenz die dortigen Arbeitsbedingungen und schlägt Verschärfungen bzw. Nachschärfungen im Arbeitsrecht vor, um Lohn- und Sozialdumping in Österreich wirksam bekämpfen zu können.
Mehr und mehr Details kommen hier zum Vorschein. Wie die AK-Wien feststellt, wurde vielen Leiharbeitskräften viel zu wenig Lohn ausbezahlt, manche bekamen sogar gar nichts. „Selbst die auf den offiziellen Lohnzetteln ausgewiesene Entlohnung lag unter dem geltenden Kollektivvertrag. Und nicht einmal diese wurde tatsächlich ausbezahlt“, so AK-Arbeitsrechtsexpertin Andrea Ebner-Pfeifer.
Und wieder kommt hier ein bekanntes Muster zum Tragen: Mit der Lenzing-Gruppe als Mehrheitseigentümer und der Palmers AG gründen zwei Unternehmen eine eigene Gesellschaft zur Maskenproduktion. Diese bedient sich dann vornehmlich Leiharbeitskräften, bereitgestellt von Sub-Subfirmen.
Die AK-Wien fasst das aus der Baubranche bekannte System so zusammen: „Eine (Leiharbeits-)Firma wird mit der Bereitstellung von Arbeitskräften beauftragt, vergibt diesen Auftrag jedoch an Subunternehmen weiter. Diese wiederum haben meist wenig oder im schlimmsten Fall gar keine unternehmerische Substanz (klassische Scheinunternehmen). Einziger Zweck: Arbeitskräfte so billig wie möglich zur Verfügung zu stellen. Das heißt: kollektivvertragliche Regelungen der Bezahlung werden nicht eingehalten, sowie Steuern und Sozialabgaben hinterzogen. Die Unternehmen maximieren mit diesen Praktiken auf Kosten der betroffenen Arbeitnehmer*innen ihre Gewinne.“
Der Schlussfolgerung der AK kann man nur beipflichten. Gesetzesverletzungen dürfen sich nicht lohnen. Die Strafen müssen mit der Anzahl der Betroffenen steigen, das sogenannte Kumulationsprinzip muss daher beibehalten, der Vorteil aus Unterentlohnung abgeschöpft werden. Und es braucht eine Generalunternehmerhaftung für Löhne. Das Unternehmen an der Spitze muss für die gesamte Subunternehmerkette haften, denn dann würde das gefahrlose Auslagern von Arbeitsrechtsverletzungen rasch aufhören.
Georg Erkinger ist GLB-Bundesvorsitzender und Arbeiterkammerrat in der Steiermark