Terror gegen die Armen
Daniel Steiner über die Praxis der Sozialhilfe in OÖ
Oberösterreichs Landespolitik ist hinlänglich für seine Absurdität und Grauslichkeit bekannt. Kein Wunder, schließlich steht das Land ob der Enns seit 1945 unter der Fuchtel einer Gstopften-Lobbyorganisation und Postenschacheragentur, die für den „Pöbel“, wie man in diesen Kreisen zu sagen pflegt, nur Verachtung übrig hat. Oder eben die „Sozialhilfe“.
Der Begriff selbst kann, wenn man die reale Umsetzung derselben in Oberösterreich genauer betrachtet, nur als Orwell’scher Neusprech erster Güte bezeichnet werden. Dass Richtsätze, die zwischen 427,26 und 949,46 Euro schwanken und für minderjährige Personen sogar das unterirdische Niveau von 28,48 Euro monatlich erreichen können, wenig mit „sozial“ zu tun haben, dürfte inzwischen hinlänglich bekannt sein.
Neue Gemeinheiten
Dass die oberösterreichischen Eliten imstande sind, sich selbst bei neuen Gemeinheiten gegenüber Sozialhilfe-Empfänger*innen zu übertreffen, überrascht dann selbst hartgesottene Beobachter*innen der Szenerie.
Es kann einem nämlich so ergehen wie Herrn D.: Wie üblich im Kreis der Sozialhilfe-Empfänger*innen ist der ökonomische Background der eigenen Familie bescheiden. „Sozial schwach“ wird das dann gerne genannt. Doch der vorgeblichen sozialen Schwäche zum Trotz schafft es der Vater des Herrn D. – er muss den 70er schon hinter sich gelassen haben – seinem Sohn zu Weihnachten 1.500 Euro als Geschenk zukommen zu lassen. Der beschenkte Sohn freut sich, schließlich muss er aus tragischen persönlichen Gründen einen Wohnungs- wechsel vollziehen. Und das kostet.
Einblick ins Konto
Leider bleibt der Behörde dieses innerfamiliäre Weihnachtsgeschenk nicht verborgen. D.s Papa hat den Betrag nämlich überwiesen und die Sozialhilfestelle verlangt Einblick in alle Kontobewegungen der Leistungsempfänger*innen. D. werden nun die 1.500 Euro von seiner Sozialhilfe abgezogen bzw. muss er diesen Betrag nun auf Raten abstottern, weil er natürlich wesentlich weniger erhält. Weil „Gesetz ist Gesetz“, sagt die Behörde. Wovon er inzwischen leben soll, ist den Herrschaften Gesetzgeber im oberösterreichischen Landtag völlig einerlei. Hauptsache Härte zeigen!
Aber es kann einem noch schlimmer ergehen als Herrn D.: Herrn S. zum Beispiel. Herr S., seines Zeichens Sozialhilfeempfänger, erdreistete sich gar schwer zu erkranken. Und zwar so schwer, dass er im Hospiz landete, um dort seinen Tod zu erwarten. Als diese Ungeheuerlichkeit der die Sozialhilfe ausbezahlenden Behörde – im Falle von Herrn S. das Magistrat der Stadt Linz – zu Ohren kam, strich man ihm stante pede die gesamte Leistung.
Pietätlose Behörde
Einerseits wurde er als Sterbender als nicht arbeitswillig eingestuft. Andererseits wurde beschieden, dass Sterbende im Hospiz ohnehin vollversorgt seien und aufgrund ihrer gesundheitlich aussichtslosen Lage auch keine Sozialversicherung mehr benötigen würden.
Praktischerweise legen Sterbende auch äußerst selten Berufung ein und lassen sich auf einen möglicherweise langjährigen Rechtsstreit ein, deshalb geht so etwas durch. Nein, die Menge an Lebensmittel kann niemand verdrücken, die man hierzu kotzen müsste!
Daniel Steiner ist Sozialbetreuer und BRV im Sozialverein B37 in Linz