Still und heimlich beschlossen
Kurz vor der Sommerpause beschloss die scheidenden Bundesregierung noch rasch eine Pflegenovelle. Sie bringt einige kleine Verbesserungen sowie die erneute Kompetenzerweiterung für Pflegeassistenz und -hilfsberufe ohne Aufwertung von Lohn und Ausbildung.
Gleichzeitig zeigt eine neue Studie, dass die Arbeitsbedingungen in der Pflege und Betreuung nach wie vor unerträglich sind. Gesundheitsminister Johannes Rauch und ÖVP-Klubobmann August Wöginger wollten die Gesetzesänderungen schnell über die Bühne bringen, sie sind beide keine Expert:innen für Pflege und Daseins- vorsorge.
Worüber können wir uns freuen
Es gibt ein wenig mehr Unterstützung für die Auszubildenden an Fachhochschulen im gehobenen Pflegedienst, allerdings nur über das AMS. Damit erreicht man bei weitem nicht alle interessierten Quereinsteiger:innen. Es existiert also noch immer keine volle Entlohnung wie in der Polizeischule für alle, die diesen Beruf ergreifen wollen.
Auch wird eine leichtere Nostrifizierung (Anerkennung der Ausbildung) für Pflegekräfte aus dem Ausland versprochen. Das ist gut und sinnvoll, solange es nicht zu einem Abwerbeprogramm aus anderen Ländern kommt, in denen bereits ein Pflegenotstand herrscht. Außerdem sollen Zeiten von Pflegekarenz und -teilzeit als Erwerbsjahre angerechnet werden.
Undemokratische Vorgehensweise
Das Paket wurde sehr schnell veröffentlicht. Für Kritik oder Kommentare blieben nur wenige Tage. Auch AK und ÖGB waren davon überrascht und haben wenig Zeit erhalten, ihre Expertise einzubringen. Zudem wurden kurzfristig noch Änderungen vorgenommen, auf die nur in einer Siebentage-Frist reagiert werden konnte.
Kompetenzen der Pflegefachassistenz und der Heimhilfe werden erweitert. Das bedeutet auch mehr Aufgaben für andere Sozialberufe. Jede Erweiterung der Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten von geringer ausgebildeten Pflege- und Betreuungsberufen senkt aber die Lohnkosten und die Qualität der Arbeit direkt an den betreuten Klient:innen und Patient:innen. Damit wird der Überforderung in der Pflege Vorschub geleistet.
Was bleibt als Fazit?
Eine gute Gesundheitsversorgung kann nur mit guten Arbeitsbedingungen erreicht werden. Die generelle Schwerarbeitspension für die Pflege ist übrigens nicht Teil des Regierungsentwurfes.
Eine neue Studie der Arbeiterkammer Steiermark belegt die psychische und physische Überlastung des Pflegepersonals. Massive Burn-Out-Symptome sind an der Tagesordnung, in anderen Bundesländern sieht es nicht viel besser aus.
Vor allem zeigt sich Sorge um die Patient:innen, aber auch um die Solidarität im Team. Weiterhin denken mehr als zwei Drittel der Befragten (wie auch schon in vergangenen Studien) regelmäßig über einen Berufsausstieg nach, fast jede® Zehnte hat diesen bereits fix eingeplant. Fast ein Drittel gibt an, sich selbst nicht in der eigenen Einrichtung gepflegt oder betreut sehen zu wollen.
Mit den Worten des Salzburger AK-Präsidenten Eder: „Die Entscheidungsträger sind nun endlich aufgerufen mit den Beschäftigten statt über die Beschäftigten zu sprechen.“
Patrick Kaiser ist Personalvertreter im Krankenhaus Nord, AK-Rat und GLB-Landesvorsitzender in Wien