Streikunwilliger Präsident
Zeitgleich mit der fünften Verhandlungsrunde der Metaller zum FMTI-Kollektivvertrag fand am 9. November 2023 die steirische AK-Vollversammlung statt.
Betont zurückhaltend in Bezug auf Kampfmaßnahmen zur Erreichung der eigenen Forderungen, eigentlich ablehnend, legte der Arbeiterkammerpräsident Josef Pesserl seine Rede an.
Einleitend verwies er auf das gemeinsame Interesse mit den Unternehmen für gute Arbeitsbedingungen. Die Unternehmer würden ganz besonders davon profitieren. Die Arbeitnehmer seien Partner und keine Gegner der Unternehmer. Wir wollen keinen Streik, sondern würden dazu gezwun- gen werden.
Neben einem Appell an die Unternehmen richtete Pesserl auch einen an die Politik, bei den Energiepreisen regulierend einzugreifen. Der Markt funktioniere hier nicht, Einmalzahlungen haben keine Wirkung auf die Inflation.
Für den GLB drückte Georg Erkinger die Solidarität mit den Kolleg:innen in der Metallindustrie, im Sozialbereich und im Handel aus, die gerade um die Erhöhung ihrer Löhne und Gehälter ringen.
Für den GLB stellt Streik ein legitimes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen dar. Diese stehen im Widerspruch zu denen der Unternehmen und müssen daher durchgesetzt werden.
Auch die Regierung habe gerade wieder gezeigt, dass sie den Beschäftigten weitere Belastungen auferlegen will. Man soll mehr Überstunden machen, später in Pension gehen und auch während der Pension noch weiterarbeiten, um über die Runden zu kommen.
Der GLB stellte einen Antrag zur Regulierung der Haushaltsstrompreise, da der Stromkostenzuschuss mit 30. Juni 2024 ausläuft. Während der Kammerpräsident sich eingangs noch für regulierende Maßnahmen ausgesprochen hatte, konnte sich seine Fraktion nicht dazu durchringen, dem Antrag einer Begrenzung auf maximal zehn Cent netto pro Kilowattstunde zuzustimmen. Er wurde mit den Stimmen von FSG, ÖAAB-FCG und AUGE einem Ausschuss zugewiesen.
Der GLB-Antrag gegen eine Kürzung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und für Verbesserungen, wie einer Inflationsanpassung beim Arbeitslosengeld, wurde gegen die Stimmen der ÖAAB-FCG Fraktion, die Minister Kochers Plänen die Mauer machte, angenommen.
Der dritte GLB-Antrag befasste sich mit der Elektrifizierung der Radkersburger Bahn. Während andere Teile des steirischen S-Bahnnetzes in diesem Jahrzehnt elektrifiziert werden sollen, ist das für die Radkersburger Bahn erst 2035 vorgesehen. Erfreulicherweise fand der Antrag dies vorzuziehen, die Zustimmung aller Frak- tionen.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Antrag 1: Strompreise dauerhaft regulieren!
Die Strompreise sind in Österreich nach wie vor exorbitant hoch. So verrechnet die Energie Steiermark etwa 23,89 (Fixpreis) Cent pro Kilowattstunde und der Verbund 26,40 Cent. Etwas günstiger, aber immer noch deutlich über Vorkrisenniveau liegen derzeit nur an den Börsenpreis gekoppelte flexible Tarife. Gleichzeitig besteht im derzeit unsicheren Umfeld bei diesen Tarifen ein großes Risiko weiterer Preissprünge nach oben.
Der Stromkostenzuschuss der Bundesregierung, der mit Dezember 2022 eingeführt wurde und eine Zuzahlung des Bundes ab einem Nettoenergiepreis von 10 Cent pro kWh bedeutet, ist mit Juni 2024 befristet. Nachteil dieser Regelung ist zudem, dass die Kosten von den Steuerzahler:innen und nicht von den Energiekonzernen getragen werden müssen.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Strompreise in den nächsten Monaten drastisch sinken werden. Um den privaten Haushalten nicht weitere Belastungen aufzubürden und die Inflation weiter in die Höhe zu treiben, braucht es daher eine Nachfolgeregelung für den Stromkostenzuschuss.
Die 9. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dazu auf, eine Nachfolgeregelung für den Stromkostenzuschuss auszuarbeiten und preisregulierend in die Haushaltsstrompreise einzugreifen, damit diese dauerhaft zumindest auf das derzeit bezuschusste Niveau von netto 10 Cent pro kWh gesenkt werden.
Antrag 2: Arbeitslosenversicherung verbessern!
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher hat eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages um 0,1 Prozentpunkte ab 2024 angekündigt. Beschlossen werden soll diese im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes.
Damit sollen die Einnahmen der Arbeitslosenversicherung im kommenden Jahr um 100 Millionen Euro gesenkt werden. Für den Einzelnen / die Einzelne bedeutet dies kaum eine Entlastung, zumal nur die Hälfte überhaupt bei den Versicherten ankommen soll. 50 Millionen Euro wandern laut den Plänen des Ministeriums in die Taschen der Unternehmen.
Gerade in Zeiten hoher Inflation und wieder steigender Arbeitslosigkeit sind Kürzungen der Einnahmen der Arbeitslosenversicherung der falsche Weg. Es braucht armutsfeste Leistungen und ein Schulungs- und Weiterbildungsangebot, dass es den von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen ermöglicht, rasch wieder einen für sie passenden Job zu finden.
Die 9. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft dazu auf, von der Kürzung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung Abstand zu nehmen und die verfügbaren Mittel zur Verbesserung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung – insbesonders einer Valorisierung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe – zu verwenden.
Antrag 3: Radkersburger Bahn elektrifizieren!
Der Ende Oktober vorgestellte ÖBB-Rahmenplan für die Jahre 2024 bis 2029 bildet den Investitionsplan des Bundes in das österreichische Eisenbahnnetz. Dieses weist derzeit einen Elektrifizierungsgrad von lediglich 74 Prozent auf. In den Jahren bis 2030 sollen 600 Kilometer Schienennetz elektrifiziert werden. Davon umfasst ist in der Steiermark die steirische Ostbahn und das Streckennetz in die Weststeiermark, auf dem die GKB derzeit ebenfalls Dieseltriebwagen einsetzt.
Vorläufig nicht geplant hingegen ist die Elektrifizierung der Radkersburger Bahn. Auf ihrer Website (https://infrastruktur.oebb.at/de/projekte-fuer-oesterreich/bahnstrecken/regionales-streckennetz/radkersburgerbahn) halten die ÖBB fest, dass zunächst nur Modernisierungsarbeiten geplant sind. So sollen etwa Eisenbahnkreuzungen aufgelassen und die Geschwindigkeit angehoben werden. Dies soll bis 2032 eine Fahrzeit von unter einer Stunde zwischen Bad Radkersburg und Graz ermöglichen.
Die Elektrifizierung der Strecke ist erst ab 2035 geplant. Damit könnten jedoch 540.000 Liter Diesel und 2.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden. Auch wäre eine weitere Verkürzung der Fahrzeit zwischen Radkersburg und Graz möglich, was zu einer weiteren Attraktivierung der Bahnstrecke führen würde.
Die 9. Vollversammlung der steirischen Arbeiterkammer fordert daher die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie dazu auf, eine beschleunigte Elektrifizierung der Radkersburger Bahn zu überprüfen und diese im Rahmen der Elektrifizierungsstrategie im nächsten ÖBB-Rahmenplan zu berücksichtigen.