Sieg eines endsolidarisierten Systems
Die aktuelle politische Entwicklung in Österreich offenbart die strukturelle Krise eines Systems, das den Interessen des Kapitals dient und die arbeitenden Klassen ausbeutet. Der Aufstieg der FPÖ und die bereitwillige Kollaboration der ÖVP, diese als Partner:in zu akzeptieren, sind ein demokratisches Armutszeugnis und eine klare Kampfansage an alle, die auf soziale Gerechtigkeit und Solidarität hoffen. Besonders auffällig ist die Rolle von Christian Stocker von der ÖVP, der sich vom Intimfeind Herbert Kickl nun zum Steigbügelhalter für dessen Kanzlerambitionen macht. Dies zeigt, wie weit die ÖVP bereit ist zu gehen, um neoliberale Agenden durchzusetzen.
Die ÖVP agiert zunehmend als Handlanger der Industriellenvereinigung und der kapitalistischen Elite. Die jahrelang geforderten Kürzungen im Sozialstaat – nichts anderes als ein Angriff auf die arbeitende Bevölkerung – setzt die ÖVP mit einer erschreckenden Bereitwilligkeit um. Dass sie Herbert Kickl, einen rechtsextremen Hetzer, als Kanzler akzeptieren könnte, zeigt, wie weit sie geht, um ihre neoliberalen Ziele zu verwirklichen. Die FPÖ wird dabei als Werkzeug genutzt, das den gesellschaftlichen Unmut in Rassismus und Nationalismus kanalisiert, während die ÖVP soziale Sicherungssysteme weiter abbaut.
Durch nichts ist das so klar geworden wie durch das Platzen der Dreiergespräche und dem Rückzug der NEOS und dann der ÖVP. Vermögensbezogene Steuern waren längst vom Tisch – beide wirtschaftsliberale Parteien wollten nicht einmal Mininalzugeständnisse wie sichere Pensionen. Und in Unschuld waschen können die Pinken ihre Hände auch nicht. Die NEOS haben sich durch ihre marktradikale Agenda frühzeitig aus den Dreiergesprächen mit der ohnehin schon stark verwässerten SPÖ zurückgezogen. Ihre Forderungen nach Privatisierungen, Deregulierungen und Unternehmenssteuersenkungen zielen auf die Abschaffung öffentlicher Daseinsvorsorge. Während sie sich modern geben, fördern sie eine Zukunft, in der Profite über Menschen stehen.
Und nun steht einem Kanzler Kickl nichts mehr im Weg. Im Gegenteil wird die Durchsetzung einer neoliberalen Agenda noch leichter. Die FPÖ inszeniert sich als Partei des „kleinen Mannes“, agiert aber tatsächlich als verlängerter Arm des Kapitals. Ihre Forderungen nach Steuersenkungen und Deregulierungen verschärfen die soziale Ungleichheit und dienen den Reichen. Gleichzeitig spaltet sie die Arbeiter:innenklasse entlang ethnischer Linien, um Solidarität zu zerstören und die wirtschaftliche Ausbeutung zu verschleiern.
Die SPÖ, die theoretisch eine Opposition gegen diese neoliberale und autoritäre Politik darstellen könnte, hat längst ihre Rolle als Vertreterin der Arbeiter:innenklasse aufgegeben. Sie hat sich dem Neoliberalismus angenähert – Vermögens- Erbschaftssteuern waren laut Josef Muchitsch, wie dieser kompromissbereit und fast schon stolz verkündete, kein Thema mehr – und ihre Basis verraten. Statt eine klare, klassenkämpferische Position zu vertreten, versucht die SPÖ, es allen recht zu machen, was sie politisch zunehmend irrelevant macht. Ohne eine radikale Rückbesinnung auf sozialistische Grundwerte wird sie weiterhin keine progressive Veränderung bewirken können.
In dieser Situation ist es mehr als je zuvor notwendig, den Widerstand nicht nur in symbolischen Protesten wie den Donnerstagsdemos zu suchen, sondern in solidarischem Handeln im Alltag. Es braucht eine breitere Bewegung, die über oberflächliche Demonstrationen hinausgeht. Zivilcourage gegen Rassismus, Unterstützung in der Nachbarschaft und konkrete Hilfe für die Schwächeren sind entscheidend, um eine Zukunft zu gestalten, die den Menschen und nicht den Profiten dient.
Author: Thomas Hörl – Karikatur: Karl Berger