Provokante Ansagen
Europaweit ist Budgetsanierung angesagt. Die Europäische Kommission pocht wieder auf die Einhaltung der Defizit- und Schuldenregeln. Und im „Zentralorgan“ des Austrokapitals warnt Michael Kaczynski vor dem „Luxus ausufernder Defizite“ und „auf Pump finanzierten Wohltaten“ (Presse, 20.6.2024).
Hierzulande ist Fiskalratspräsident Christoph Badelt ausgerückt und erklärt sakrosankt: „Nächste Regierung muss Sparpaket verhandeln“. Badelt meint, die Situation „spitzt sich zu“, Österreich liege „kilometerweit von allen EU-Kriterien entfernt“, die Regierung müsse pro Jahr 2,5 Milliarden Euro einsparen, nach der Wahl am 29. September müsse „Schluss mit lustig“ sein (Standard, 20.6.2024).
Nix mehr mit „frugale Vier“
2024 liegt das Budgetdefizit bei 3,4 Prozent, der Schuldenstand bei 78,5 Prozent der Bruttoinlandsprodukts, also der Wirtschaftsleistung – was im Widerspruch dazu steht, dass sich Österreich unter Kanzler Sebastian Kurz 2020 noch zu den „frugalen Vier“ (Dänemark, die Niederlande, Österreich, Schweden) mit besonders hoher Budgetdisziplin in der EU zählte.
Dabei hat Österreich „kein echtes Schuldenproblem“, wie Andras Szigetvari erklärt (Standard, 21.6.2024). Denn die EU-Budgetauflagen – Budgetdefizit maximal drei Prozent, Schuldenstand maximal 60 Prozent des BIP – sind „willkürlich gesetzt“ und es gibt keine Studien, die belegen, dass Staaten, die das einhalten erfolgreicher sind als jene, die das überziehen.
So hat in Deutschland der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble den Staatshaushalt mit dem Kleingeld einer „schwäbischen Hausfrau“ verwechselt und sich als Zucht- meister des stark überschuldeten Griechen- land gebärdet.
Koste es was es wolle…
Badelt beklagt in Richtung der schwarz-grünen Koalition: „Es gibt keine Ambition und keine Strategie zur gesamtwirtschaftlichen Konsolidierung“. Kein Wunder, galt für diese Regierung doch als Wundermittel gegen Corona und Teuerung gleichermaßen das Gießkannenprinzip „Koste es, was es wolle“. So wurden ziemlich planlos allein wegen Corona rund 50 Milliarden Euro neben sinnvollen Gesundheitsmaßnahmen vor allem für Kurzarbeit und Hilfszahlungen an Unternehmen ohne Gegenfinanzierung verpulvert. Nicht wenige durchaus profitable Unternehmen kassierten dabei kräftig aus Steuergeldern ab, eine Rückzahlung ist für die schwarz-grüne Regierung hingegen kein Thema.
Stossrichtung Sozialabbau
Nun gibt der Fiskalrat der künftigen Regierung vor, was sie zu tun habe: Badelt nennt für das strukturelle Budgetdefizit verantwortlich Gesundheit, Pflege und Pensionen. Womit unschwer zu erkennen ist, worauf die geforderte Budgetsanierung hinausläuft.
Das Trommeln gegen die angeblich unfinanzierbaren Pensionen – die sich die ASVG-Versicherten im Gegensatz zu Selbständigen, Landwirt:innen und Beamt:innen – fast durchwegs selbst via Umlageverfahren finanzieren – gehört bekanntlich seit Jahren zum Standardrepertoire der neoliberalen Clique.
Budgets öffentlicher Körperschaften gelten bekanntlich als „in Zahlen gegossene Politik“. Das gilt insbesondere, wenn der Ruf nach Budgetsanierung ertönt und unschwer zu erraten ist, auf welche Kosten das erfolgen soll.
Umverteilung nach oben
Dass die Vermögenssteuer (1994) und Erbschaftssteuer (2008) bereits unter Kanzlerschaft der SPÖ abgeschafft wurden und in weiterer Folge die Körperschaftssteuer auf die Profite der Kapitalgesellschaften sukzessive gesenkt und andere Steuerzuckerl gewährt wurden, zeigt eine massive Umverteilung nach oben zu den Superreichen.
Egal, welche Koalition nach der Wahl im Herbst regiert: Dass sich die fünf Parlamentsparteien auf die neoliberalen Budgetdogmen der EU eingeschworen haben, ist hinreichend bekannt.
Für die Unselbständigen, Prekarisierten, Pensionierten und ihre Interessenvertretungen – allen voran Gewerkschaften und Arbeiterkammern – gilt es, sich gegen die ventilierten Pläne und provokanten Ansagen mit aller Kraft zur Wehr zu setzen.