Noch mehr Waffen?
Die Europäische Union sollte nach Ansicht von Italiens Außenminister Antonio Tajani eine eigene Armee bilden. Ex-Generalstabschef Robert Brieger schließt eine solche Armee langfristig nicht aus.
„Wir sind zum Beispiel dabei, die EU-Battlegroups zu einer raschen Eingreiftruppe mit 5.000 Mann auszubauen. Sie soll ab 2025 einsatzbereit sein, in erster Linie außerhalb Europas und komplementär zur NATO. Ziel ist es, dass sie auch in feindlicher Umgebung im Krisenmanagement tätig ist: Mit Konfliktprävention, Evakuierungen, humanitärer Hilfe, Stabilisierungseinsätzen bis hin zur Friedensdurchsetzung.“ (profil, 20.1.2024)
Höheres Rüstungsbudget
Um was geht es bei diesen Vorstößen? Brieger spricht Klartext: „Natürlich braucht es neben höheren Verteidigungsbudgets auch mehr ausgebildete Soldaten, hier herrschen noch Mängel. … Ja, es müssen Löcher gestopft werden. Meiner Erfahrung nach wären aber die Kapazitäten, um so eine bescheidene Größenordnung wie 5.000 Mann bereitzustellen, grund- sätzlich sehr wohl vorhanden“.
Die Diskussion um die EU-Armee dient offensichtlich in erster Linie dem Ausbau weiterer Aufrüstung – Geschenke aus unseren Steuergeldern für Rüstungskonzerne und Söhne für das Militär. Denn hinterfragt man, was die EU-Armee genau sein soll, hört man unterschiedliche Antworten.
Ulrike Franke, Expertin für deutsche und europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, spricht von drei Ideen, plus Untervarianten: Erstens sei an eine gemeinsame statt 27 einzelne nationale Armeen gedacht. Die EU bekäme auf einen Schlag über eine Million Soldaten und tausende Stücke Equipment. Die zweite Variante ist eine 28te Armee zusätzlich zu den 27 bestehenden nationalen Armeen, idealerweise aus allen EU-Mitgliedsstaaten gestellt und von allen ausgerüstet.
Die dritte Option sei verstärkte Kooperation. Das enthalte, so Franke, der deutsche Koalitionsvertrag: “Wir treten für eine verstärkte Zusammenarbeit nationaler Armeen integrationsbereiter EU-Mitglieder ein, vor allem bei Ausbildung, Fähigkeiten, Einsätzen und Ausrüstung…“. Gemeinsame Beschaffungen und Trainings. Dafür ist Franke.
Die EU müsste unbedingt mehr für ihre Verteidigung tun, und Kooperation könne helfen. Nur sollte dieser Ansatz nicht den Namen „Europäische Armee“ tragen. Schließlich würden eben keine gemeinsamen Streitkräfte geschaffen. Die EU tue in Richtung Kooperation bereits einiges: es gebe gemeinsame Beschaffungsprojekte, teils mit direkter EU-Finanzierung.
Alternativ ist zivil
Direkte EU-Finanzierung – wer zahlt? Während die österreichische Regierung bei Gesundheitsausgaben kürzt, wird über Militär und Aufrüstung das Füllhorn ausgeschüttet. Die Militärausgaben sollen von 2022 bis 2027 um 85 Prozent nach oben rauschen. Ein Plus von 2,3 Mrd. Euro für Rüstung, die Gesundheitsausgaben des Bundes sinken im selben Zeit- raum um 2,9 Mrd.
Zudem zahlt die österreichische Regierung seit 2018 bei Pesco (Ständig Strukturierte Zusammenarbeit) der EU mit. Sie verlangt dabei bei Militärausgaben budgetpolitisch ein ambitioniertes Wachstum, das von einem eigenen EU-Rüstungsamt überwacht wird. Wir sollten aufmerksam sein, denn unsere Alternative ist zivile Krisenprävention und Konfliktbewältigung.
Anne Rieger