Man muss darüber reden

Am 11. November 2023 fand der Festakt „75 Jahre KZ-Verband/Verband der Antifaschist:innen“ statt. Aus diesem Anlass sprach Oliver Jonischkeit mit der Bundesvorsitzenden Dagmar Schindler.

Wie ist es zur Gründung gekommen und welche Ereignisse sind seit der Gründung besonders erwähnenswert?

Die Gründung war eine Neugründung. Im März 1948 wurde der 1945 gegründete Verein aufgelöst, daraus hervorgegangen sind der Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer:innen, die ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner Österreichs und eben der, im November 1948 gegründete, Bund der Widerstandskämpfer und Opfer des Nationalsozialismus besser bekannt als KZ-Verband, später kam dann unser VdA noch hinzu, was Verband der Antifaschist:innen bedeutet.

Besondere Ereignisse waren auf jeden Fall der Einsatz des KZ-Verbandes, der als einziger der drei Verbände die Überparteilichkeit beibehalten hat, für die Gedenk- und Erinnerungszeichen an den politischen Widerstand, nachzulesen in unserer Festschrift sowie die Interessensvertretung der Opfer des Nationalsozialismus in der Opferfürsorgekommission.

In den letzten Jahren kam dann verstärkt die Bündnisarbeit in antifaschistischen Netzwerken hinzu, ganz im Sinne unserer Gründer:innen, die nicht die Asche bewahrt haben, sondern das Feuer an neue Generationen von Antifaschist:innen weitergetragen haben.

Es gibt immer weniger Zeitzeug: innen – welche Initiativen setzt der KZ-Verband, damit ihre Geschichten nicht verloren gehen?

Wir haben – unter der Leitung von Birgit Hebein – das Archiv des KZ- Verbandes in den letzten zwei Jahren aufgebaut. Hier konnten wertvolle Dokumente über den politischen Widerstand gesichtet, archiviert und bewahrt werden. Dieses Archiv, mit seinen unzähligen Lebensgeschichten von Widerstandskämpfer:innen ist ein wertvoller Beitrag für die nächsten Generationen, da sich in den Fragebögen und Mitgliedskarten viele Lebens- geschichten widerspiegeln.

Der Kampf gegen Faschismus und Krieg ist für die Gewerkschafts- bewegung von großer Bedeutung. Wie groß siehst du die Gefahr von rechts und wie kann diese wirksam bekämpft werden?

Persönlich sehe ich die Gefahr als sehr groß, vor allem, was den laienhaften Umgang von Exekutive und Judikative mit rechtsextremen Straftaten betrifft. Das fängt im Kleinen an, etwa bei fehlenden Schulungen von Polizist:innen zum Abzeichengesetz was dann letztendlich heißt, dass ein Neonazi der eine Wolfsangel – ein verbotenes Symbol – gut sichtbar am Hals tätowiert hat nicht zur Verantwortung gezogen wird.

Bis hin zu einem roten Faden, der sich durch viele Prozesse nach dem Verbotsgesetz zieht, wo Staatsanwaltschaft und Ermittler:innen schnell „Einzeltäter“ vor Gericht stellen, während rechtsextreme Netzwerke, über die Recherchegruppen wie „Österreich Rechts Außen“ oder die Genoss:innen vom Prozessreport ausgiebig recherchiert haben, unbehelligt bleiben.

Ein plakatives Beispiel ist der Prozess um Rudolf P. der laut Ermittlungsbehörden den Anschlag auf das Volksstimmefest 2021 geplant haben soll. Nachzulesen in unserer Zeitschrift „Der neue Mahnruf“.

Wir haben hier das Glück mit antifaschistischen Recherchenetzwerken bestens vernetzt zu sein. Was wir auf jeden Fall immer mehr beobachten, sind rechtsextreme, europaweite Netzwerke die über Unmengen von Waffen, Drogen und Geld verfügen.

Bekämpft kann diese Gefahr nur mit ständigen Berichten werden. Man muss darüber reden! Es muss aber auch endlich ein Bewusstsein für die parteipolitischen Ausleger der neuen Rechten stattfinden. Hier ist zu fragen, wie die ÖVP in Niederösterreich Udo Landbauer zum Landeshauptfrau-Stellvertreter küren konnte. Hier wurde längst eine rote Linie überschritten und das nicht nur von der ÖVP, wie uns die Koalition von Hans Niessl mit der FPÖ im Burgenland ja ebenfalls gezeigt hat.

Der Kampf gegen Faschismus und Krieg ist auch dem Weltgewerkschaftsbund seit seiner Gründung ein großes Anliegen. Du warst beim Kongress der Fédération Interna- tionale des Résistants (FIR) in Barcelona. Was ist die FIR und welche Eindrücke hast du mitgenommen?

Der FIR-Kongress fand vom 27. bis 29. November statt, wenige Wochen nach dem Angriff der Hamas auf Israel. Es waren intensive Diskussionen, die aber letztendlich zu einem sinnvollen Ergebnis geführt haben, dass die antifaschistische Arbeit und der Respekt vor den Menschen im Kriegsgebiet im Mittelpunkt stehen muss. Eine Herausforderung, die wir täglich erleben und die uns sehr beschäftigt.

Es hat sich auch gezeigt wie fragil diese große Klammer – nämlich der antifaschistische Grundkonsens ist – wenn es um Diskussionen über den Nahen Osten geht. Letztendlich haben wir aber ein gutes Ergebnis erzielt, was sich in der Resolution des Kongresses widerspiegelt.

Dagmar Schindler ist Bundesvorsitzende des KZ-Verbandes
Infos: www.kz-verband-wien.at

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