Leider kein Faschingsscherz
Die Post bringt allen was – Premiumkund:innen in einigen Wiener Bezirken seit 6. Oktober 2024 auch Pakete am Sonntag. Auf Initiative des GLB wurde nun von der 182. Vollversammlung der AK Wien ein gemeinsamer Antrag mit großer Mehrheit beschlossen, der die Post AG auffordert, dieses Pilotprojekt sofort zu beenden und den Sonntag als Ruhetag zu respektieren.
Zu Recht betont die „Wiener Sonntagsallianz“, der auch der GLB angehört, dass diese Praxis Tür und Tor für eine weitere Aushöhlung der Arbeitsrechte öffnet, indem das reguläre Arbeitszeitmodell umgangen wird. Die Zustellung erfolgt durch externe Lieferdienste, dadurch steigt der Druck auf die in dieser Niedriglohnbranche Beschäftigten. Wobei der Kollektivvertrag für Kleintransporteur:innen einen Einsatz am Sonntag gar nicht abdeckt.
Folglich dürften vor allem Selbstständige mit ihren Fahrzeugen die Zustellung übernehmen – vor allem Kleinstunternehmer:innen, die um ihr tägliches Überleben kämpfen. Die Post AG spricht bereits von einer möglichen Ausweitung der Sonntagszustellung auf die Landeshauptstädte: „Die Sonntagszustellung der Post könnte wohl rasch zu einer dauerhaften Ausweitung der Sonntagsarbeit führen – nicht nur in der Zustellbranche“, stellt dazu die „Wiener Sonntagsallianz“ fest.
Anstatt den freien Sonntag anzugreifen, hätte die Post genug mit den Problemen der Zustellung an Werktagen zu tun:
- So fand heuer im Herbst erstmals eine Betriebsratswahl bei MPreis mit einigen tausend Beschäftigten statt. Einen Monat nach der Wahl tauchten plötzlich einige hundert Briefwahlstimmen auf, die in einem Verteilerzentrum liegen geblieben waren. Harald Schweighofer, Geschäftsführer der GPA Tirol: „Es gibt ein grundsätzliches Problem bei der Postzustellung: zu wenig Personal“.
- Mitte Oktober bestätigt die Bürgermeisterin der Tiroler Gemeinde Mils: „Es ist leider so, dass die korrekte Postzustellung ein Thema ist“. Die Post bedauert – Schuld an Verzögerungen sei eine Häufung von Krankenständen“.
- Den „Niederösterreichischen Nachrichten“ war Mitte Oktober zu vernehmen, dass es in Klosterneuburg zwei Wochen lang Probleme mit der Zustellung gab. Die Begründung der Post auch hier: die hohe Anzahl an Krankenständen.
- Bereits am 22. September war der „Krone“ zu entnehmen, dass hunderte Wahlinfo-Briefe in Salzburg nicht zugestellt wurden.
Anstatt sich mit dem schlechten Faschingsscherz einer Sonntagszustellung von Paketen zu beschäftigen, sollte sich das gut bezahlte Management der Post (Ex-Post-Boss Georg Pölzl erfreute sich einer Jahresgage von 2,9 Millionen Euro) damit beschäftigen, dass die Zustellung an den bisher üblichen Tagen reibungslos funktioniert – und dazu braucht es eben ausreichend Personal. Das Einplanen von Krankenständen, Urlaub etc. gehört auch zu einer sinnvollen Personalplanung.
Während aber dort gerne gespart wird, dürfen sich die Aktionäre der Post AG freuen: Am 8. November 2024 stellten die Analysten der Erste Group fest „Hervorzuheben ist der starke operative freie Cashflow von 229,3 Millionen Euro, der um knapp 30 Prozent zulegte. Das sollte es dem Unternehmen ermöglichen, seine Dividende anzuheben“. Für 2024 werden sechs Prozent Dividende erwartet.
Oliver Jonischkeit ist Bundessekretär des GLB und AK-Rat in Wien