Konjunkturaufschwung: Keine Zurückhaltung!
„Die österreichische Volkswirtschaft überwindet die COVID-19-Krise deutlich schneller als bisher erwartet und steht am Beginn einer Aufschwungphase“,
so das WIFO in einer Presseaussendung.
Auch die Industriellenvereinigung jubelt und erklärt die Pandemie aus ökonomischer Sicht für beendet, im laufenden Quartal hat die Wirtschaft wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht. Die Industrie hat daher auch allen Grund erfreut zu sein.
Für 2021 prognostiziert das WIFO einen realen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 4 Prozent für 2022 um 5 Prozent. Zwar soll auch die Arbeitslosigkeit zurückgehen, jedoch im nächsten Jahr mit 8 Prozent noch immer deutlich über dem Vorkrisenniveau liegen. Mit dem Aufschwung kommt aber auch die Inflation zurück. Vorhergesagt wird ein Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex um 2,1 Prozent im nächsten Jahr.
Gleichzeitig haben unter anderem die niedrigen Kollektivvertragsabschlüsse des vergangenen Jahres dazu geführt, dass im heurigen Jahr die Lohnstückkosten in der Warenherstellung gesunken sind. Laut Gewerkschaft PRO-GE beträgt der Rückgang 6,3 Prozent.
Es findet also gerade eine beschleunigte massive Umverteilung von den Löhnen der Beschäftigten hin zu den Gewinnen der Konzerne statt. Der gewerkschaftlichen Forderung nach einer ordentlichen Lohnerhöhung im Rahmen der Herbstlohnrunde kann daher nur zugestimmt werden. Traditionell bilden dabei die Fachverbände der Metallindustrie den Auftakt und damit die Richtschnur für die folgenden Branchen. Ein starker Abschluss hat daher Signalwirkung für alle Beschäftigten.
Wie immer wird der Jubel der Industrie über volle Auftragsbücher und sprudelnde Gewinne im September rasch in Katzenjammer umschlagen, wenn es darum geht die Löhne und Gehälter der Beschäftigten zu erhöhen. Ein Danke wird im Rahmen der Herbstlohnrunde tatsächlich nicht reichen, diesmal braucht es eine kräftige Reallohnerhöhung.
Für viele Konzerne läuft es besser denn je. Der Konjunkturausblick ist positiv und die Preise steigen stärker als bisher. Es ist also längst an der Zeit über den Anteil der Beschäftigten am Aufschwung zu diskutieren. Dass Lohnzurückhaltung keine Arbeitsplätze schafft, hat das vergangene Jahr gezeigt. Obwohl die meisten Kollektivertragsabschlüsse gerade einmal die Inflationsrate abgegolten haben, ist die Arbeitslosigkeit deutlich höher als vor der Krise.
Damit dies nicht so bleibt, braucht es zweierlei. Einerseits müssen wieder KV-Abschlüsse her, die deutlich über der Inflation liegen, denn nur damit können sich die arbeitenden Menschen die Dinge, die sie benötigen auch leisten. Und andererseits gehört die Frage einer echten Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich wieder auf die Tagesordnung, damit auch mehr Menschen wieder die Chance auf einen Arbeitsplatz haben.
Das derzeit diskutierte Modell der 4-Tage-Woche ist dabei jedenfalls keine Lösung, sondern eine sozialdemokratische Mogelpackung, denn hier leisten die Unternehmen keinen finanziellen Beitrag und das, obwohl sie durch die gestiegene Produktivität profitieren. Die Kosten teilen sich die Beschäftigten über einen Lohnverzicht und die Allgemeinheit über einen Beitrag des AMS. Angesichts sprudelnder Gewinne kann das nicht die Lösung sein.