Kein Grund zum Feiern
Stefanie Breinlingers Editorial zum 8. März
Frauen wird während der diversen Lockdowns aufgebürdet, alle denkbaren Aufgaben selbstverständlich zu erledigen: neben der eigenen Lohnarbeit (im Home-Office) Lehrerin spielen, Kinder betreuen, Hausarbeit machen, für pflegebedürftige Angehörige sorgen…
Diese Mehrfachbelastung und der deutliche Anstieg von Gewalt an Frauen lässt auf einen antifeministischen Backlash schließen. Im derzeitigen Krisen-Modus wird schonungslos auf Muster der Ausbeutung und Unterdrückung an Frauen zurückgegriffen. Zumindest widerlegt diese soziale Wirklichkeit die oft vorgetragene und verbreitete Behauptung: Gleichstellung wäre ohnehin längst realisiert.
Zudem sind in vielen sogenannten systemerhaltenden Branchen mehrheitlich Frauen tätig – im Einzelhandel, Pflege und Betreuung, Schulbildung, Kinderbetreuung, Reinigung. Ihre zentrale Funktion für die Gesellschaft wird aber nicht abgegolten, sind diese Tätigkeiten unterdurchschnittlich entlohnt.
Die Bereiche mit hohem Frauenanteil – wie Tourismus, Hotellerie und Gastronomie, andere Berufe des Dienstleistungssektors sowie der gesamte Kultursektor – hat der wirtschaftliche Einbruch und infolgedessen die Arbeitslosigkeit besonders stark getroffen.
Soziale Ungleichheit und fehlende existenzielle Absicherung verstärken die Armutsbetroffenheit von Frauen, die bereits vor dem Anziehen der Corona-Krise verwundbar waren. Insbesondere betrifft das langzeitbeschäftigungslose Frauen, Alleinerziehende, chronisch Kranke und Frauen mit Behinderungen.
Bisher nicht armutsgefährdete Gruppen von Frauen haben nun ebenfalls ein erhöhtes Armutsrisiko, darunter Selbstständige und Ein-Personen- Unternehmen im Dienstleistungssektor. Aufgrund der niedrigen Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes schlittern Lohnabhängige mit niedrigen Gehältern in die Armut.
Diese gesellschaftlichen Entwicklungen schlagen sich bereits in den subjektiven Erwartungshaltungen der Generation der Jugendlichen nieder: Eine qualitative Studie des Instituts für Jugendkulturforschung aus dem Jahr 2020 ergab bei der Befragung von 16- bis 29-jährigen Frauen, dass bei der Mehrheit existenzielle Ängste aufgrund von Arbeitsplatzverlust bzw. sinkender Jobchancen die Wahrnehmung ihrer beruflichen Zukunft dominieren. Bei 71 Prozent der befragten jungen Frauen besteht die größte Sorge in einer coronabedingten Weltwirtschaftskrise.
All das ist für ein reiches Land wie Österreich beschämend. Der Internationale Frauentag am 8. März 2021 bietet also keinen Grund zum Feiern von Erreichtem, sondern vielmehr Anlass, Widerstandsgeist und Solidarität unter Frauen zu wecken. Ein Blick in die Schweiz und auf die Frauenstreik- Bewegung lohnt!
Stefanie Breinlinger ist Sozialarbeiterin bei FAB Linz und GLB-Landesvorsitzende OÖ