Kein Ersatz für den Mietendeckel
Roland Steixner über einen fragwürdigen „Wohnschirm“
Mit 1. April werden die Richtwertmieten erneut um 8,6 Prozent steigen – das zweite Jahr in Folge. Mit Juli steht die nächste Erhöhung der Kategoriemieten ins Haus – die vierte Erhöhung innerhalb von zwei Jahren.
Die Verhandlungen der Bundesregierung über einen Mietendeckel sind gescheitert. Die ÖVP hat die Begrenzung der Mieterhöhung erfolgreich verhindert. Stattdessen sollen 250 Millionen Euro zusätzlich zur Unterstützung von Mieter*innen in Geldnöten bereitgestellt werden.
Das Sozialministerium hat den „Wohnschirm“ aus der Taufe gehoben. Ein bundesweites Netzwerk aus Beratungsstellen konnte auf diese Weise bereits seit März 2022 über 5.000 Menschen vor der Delogierung bewahren. Die öffentlichen Gelder sind in der Delogierungsprävention gut angelegt. Denn eine Delogierung ist etwa zwölfmal so teuer wie die Begleichung von Mietrückständen.
Durch die Delogierungsprävention konnte die öffentliche Hand bereits rund 85 Millionen Euro an Folgekosten, die durch Delogierungen entstanden wären, einsparen. Gleichzeitig haben Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, und Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal- und Wohnen der AK, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vom 26.01.2023 deutlich gemacht, dass Sozialpolitik kein Ersatz für Wohnungspolitik sein dürfe.
Sie greifen fünf wohnungspolitische Maßnahmen aus dem Programm der Bundesregierung heraus, die rasch umzusetzen sind: Die Abschaffung der Maklerprovision, die Sicherung von Bundesgrundstücken (ÖBB, BIG) für den geförderten Wohnbau, die Einführung einer wirksamen bundesgesetzliche Regelung für eine Leerstandsabgabe, die Einschränkung der Kurzzeitvermietung und die Abschaffung der Befristung in Mietverträgen. Diese Forderungen sind im vollen Umfang zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Teuerung ist jedoch eine notwendige Sofortmaßnahme hervorzuheben: Es braucht einen Mietenstopp, um der Teuerungsspirale entgegenzuwirken. Und dieser darf nicht nur Richtwert- und Kategoriemieten umfassen, wo der Mietzins ohnehin bundesgesetzlich geregelt ist, sondern auch die Mieten in den Neubauten, für die es bislang keine gesetzliche Regelung im Mietrechtsgesetz gibt. Gleichzeitig müssen aber auch die Gemeinden in die Pflicht genommen werden. Denn im kommunalen Wohnbau haben sie in Hinblick auf die Mietpreisbildung Gestaltungshoheit und eine Verantwortung, die sie nicht an den Bund abschieben dürfen, wenn dieser untätig bleibt.
Darüber hinaus ist es freilich notwendig, verbindliche Mietobergrenzen für alle Wohnungen festzulegen. Während die Einführung eines Mieten- stopps relativ schnell zu beschließen wäre, wie die Covid-19-Gesetze gezeigt haben, würde die Einführung bundesweiter Mietobergrenzen länger dauern und zweifellos mit Übergangsregelungen arbeiten müssen. Die Gewerkschaftliche Linke sammelt derzeit Unterschriften für einen Mitgliederantrag an die AK-Tirol, in dem gefordert wird, dass die AK sich für eine soziale Mietrechtsreform mit Einführung von Mietobergrenzen für alle Wohnungen stark machen soll.
Der Wohnschirm kann einen Mietendeckel nicht ersetzen und dasselbe gilt umgekehrt. Es braucht beides für eine gute, nachhaltige und soziale Wohnungspolitik.
Roland Steixner ist Betriebsrat bei G4S und Ersatzgemeinderat der Alternativen Liste Innsbruck