Im Griff der Konzerne
Michael Graber über den Umgang mit Rohstoffvorkommen
Der österreichische Bergbau und die Förderung von Rohstoffen auf österreichischen Boden haben eine lange, aber vom Standpunkt nationaler und sozialer Interessen nicht immer ruhmvolle Geschichte. Von den zahlreichen Kohle- und Erzabbaustätten sind nur mehr der Erzberg in der Steiermark und die Erdöl- und Erdgasfelder in Niederösterreich von nationaler Bedeutung übrig geblieben. Die betreibenden Konzerne sind seit den 90er Jahren privatisiert und teilweise in ausländischer Hand. Neue Prospektionen sind auf Sparflamme reduziert oder überhaupt eingestellt worden.
Ein besonders unrühmliches Kapitel ist das Lithiumvorkommen, eines der größten in Europa, im steirisch-kärntnerischen Grenzgebiet unter der Weinebene. Die Schürfrechte hat die seinerzeitige Holding der Verstaatlichten Industrie ÖIAG um einen(!) Schilling an einen privaten Industriellen (Henckel-Donnersmarck) verschenkt, der diese nach zwanzig Jahren an einen australischen Konzern um 10 Millionen Euro weiterverkauft hat. Auch nach der Entdeckung des größten europäischen Lithiumvorkommens in Skandinavien im vergangenen Jahr bleibt auf Grund der hohen Nachfrage und des Preises das österreichische Vorkommen offenbar rentabel, allerdings nicht für Österreich, sondern für den schürfenden Konzern. Lithium ist ein Schlüssel- element für das Vorantreiben der Energiewende, weg von fossiler- zu Elektromobilität.
Ein weiteres Feld der Auseinandersetzung um die Nutzung österreichischer Rohstoffe hat sich rund um den vermuteten Erdgasfund in Molln in Oberösterreich aufgetan. Dort sollen 22 Mrd. Kubikmeter Erdgas in etwa 2000 Meter Tiefe liegen. Auch dort hat sich ein australischer Konzern die Schürfrechte gesichert und arbeitet an der Erhaltung der Bewilligung für die ersten Probebohrungen. Der Bürgermeister von Molln vermutet, dass der jetzt für eine Förderung infrage kommende Raum bewusst aus dem seinerzeit errichteten Nationalpark ausgeklammert wurde, da es schon in den 80er Jahren Aufschließungsarbeiten gegeben habe, das Gasvorkommen also schon seit langem bekannt gewesen sei. Warum also erst jetzt das Interesse an der möglichen Förderung? Österreich verbraucht etwa 8,5 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr, das sind etwa ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs. Es versteht sich, dass das Gasvorkommen in Molln angesichts dieser Zahlen überaus relevant ist.
Natürlich wendet die Umweltbewegung ein, dass eine zusätzliche Gasförderung in Österreich kein Schritt weg von fossiler Energie wäre. Andererseits werden die reduzierten Gaslieferungen aus Russland an Österreich zum Teil durch die wesentlich teureren Flüssiggaslieferungen aus den USA ersetzt, die aus der umweltschädigenden Frackingfördermethode stammen.
Und auch aus den Golfmonarchien, ebenfalls um teures Geld, das die Inflation antreibt. Das Erreichen der Klimaziele in Österreich hängt nicht vom Ort der Förderung, sondern vom Verbrauch im Lande ab. Solange der Transformationsprozess – weg von fossiler Energie – noch nicht abgeschlossen werden kann, ist eine Abwägung zwischen diesem und der Nutzung heimischer Reserven sinnvoll und notwendig. Und vor allem sollte der Einfluss der Konzerne auf die Energiepolitik reduziert oder überhaupt ausgeschaltet werden, um eine rationale Entschei- dung zu ermöglichen.
Michael Graber ist Volkswirt und Bundesobmann des ZVPÖ