Heißer Herbst, kalter Winter?
Während die Kollektivvertragsverhandlungen in einigen Branchen bereits abgeschlossen sind, sind die Unternehmen in anderen nicht zu einem 2.000 Euro-Mindestlohn bereit. Die Zeichen stehen auf Streik.
Am 7. September berichtet die Wiener Zeitung, dass ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Stoßrichtung für die Herbstlohnrunde vorgegeben hat und für heuer einen Mindestlohn von 2.000 Euro einfordert. Laut dem ÖGB-Chef lag die Gewerkschaftsforderung bislang bei 1.700 Euro brutto, doch „1.700 im Jahr 2018 sind was anderes als heuer und nächstes Jahr.“ „Katzian will damit die Kaufkraft `nachhaltig absichern und weiter entwickeln´“, berichtet am selben Tag der Standard.
In der Zwischenzeit sind erste Kollektivvertragsverhandlungen abgeschlossen, andere befinden sich in einer heißen Phase. Die Metaller*innen und das AUA-Flugpersonal hatten es relativ leicht Katzians Anspruch gerecht zu werden. Beide Bereiche gingen bereits mit einem höheren Mindestlohn in die Verhandlungen.
Anders beim ORF, im Bäckereigewerbe, in der Brotindustrie, in der Stein- und keramischen Industrie und bei der Sozialwirtschaft Österreichs. All diese Bereiche hatten vor den Verhandlungen und auch nach dem heurigen Herbstabschluss weniger als 2.000 Euro Mindestlohn. Andere Branchen kämpfen noch um den Abschluss des Kollektivvertrages. Das Muster ist allerdings überall gleich. Die Unternehmensseite ist nicht zu einem 2.000 Euro-Mindestlohn bereit.
Die Zeichen stehen daher auf Streik. Die Ordensspitäler fordern ein Plus von 500 Euro für alle. „Die Arbeitgeber*innen haben kein ernstzunehmendes Angebot gegen die Teuerung und die explodierenden Preise auf den Tisch gelegt. Ein*e Krankenpfleger*in beispielsweise im zehnten Dienstjahr bekäme gerade einmal 53 Euro an Einmalzahlung“, berichtet die Gewerkschaft vida. Daher kam es bereits zu Warnstreiks.
Ein ähnliches Bild gibt es bei den österreichischen Eisenbahnunternehmen. Auch forderten die Gewerkschafter*innen plus 500 Euro. Während dort der ÖBB-Konzernchef mit medial einem 2.000 Euro Mindestlohn frohlockte und die Gewerkschaftsseite ihre Forderung auf 400 Euro reduzierte, hat die Unternehmerseite nach einem „kosmetisch nachgeschönten“ Angebot, bei dem laut Gewerkschaft vida Reallohnverluste von zwei Prozent zu erwarten sind, die Verhandlungen einseitig abgebrochen. Daher kommt es am kommenden Montag auch bei den ÖBB zu Warnstreiks.
Vier Prozent und Einmalzahlungen ist der Knochen, dem der Handelsverband ihren Beschäftigten zusteht. Ein „Angebot“ von einem 2.000 Euro Mindestlohn weit entfernt. „Handelsangestellte sind kein Schnäppchen“ kontern die Beschäftigten und ein Warnstreik am zweiten Weihnachtssamstag wird immer wahrscheinlicher. Aber auch im Reinigungsgewerbe, bei den Flughafen-Sicherheitsdiensten und im Bewachungsgewerbe liegt die Lage ähnlich. Gewerkschaften und Beschäftigte kämpfen für mindestens 2.000 Euro und die Unternehmen sagen NJET.
Und das sind nicht die einzigen „KV-Baustellen“ auch bei den Brauereien wird den Beschäftigten ein Lohn-Plus über den Teuerungsauswirkungen verweigert. Und zahlreiche Branchen, wie beim Gast- und Hotelgewerbe, haben die Verhandlungen noch nicht begonnen. Man braucht keine Wahrsagerkugel, um zu ahnen, dass sich die Unternehmen heuer branchenübergreifend einen knausrigen Kurs festgelegt haben.
Gemeinsam kämpfen über alle Branchen hinweg und unter Einbeziehung der Gesellschaft macht gegen die akkordierte Unternehmens-Entlohnungsknauserei stark. Gut also die gemeinsame Forderung von 2.000 Euro Mindestlohn, aber weiter machen mit dem gemeinsamen Kampf darum.
Josef Stingl, stv. Bundesvorsitzender des GLB in Unserer Zeitung