Gesetzliche Regelung ist überfällig
Thomas Erlach über den Umgang mit Homeoffice.
Bereits während des ersten Lockdowns im Zuge der Corona- Pandemie hat sich Homeoffice als eine wirksame Möglichkeit herausgestellt, geschützt durch Kontaktvermeidung die Arbeitsleistung weiter den Betrieben zur Verfügung stellen zu können.
Homeoffice wurde und wird seither in großem Stil angewandt. Die Digitalisierung ist vorangeschritten. Die Arbeitnehmer*innen haben in der Situation ihre digitalen Fähigkeiten trainiert und erweitert. Neben dem bisherigen Arbeiten am und mit dem Computer, haben auch Vieraugengespräche, Besprechungen und Sitzungen im virtuellen Raum stattgefunden.
Manche Vorteile
Das hat einerseits Vorteile für die Arbeitgeber. Gewisse Tätigkeiten können trotz Corona-Maßnahmen weiter durchgeführt werden. Homeoffice ist ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung des Betriebes. Die Situation hat auch Vorteile für die Arbeitnehmer*innen. Neben der Sicherung des Arbeitsplatzes sind auch noch der Wegfall von Wegzeiten, Fahrtkosten, und eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit- und Privatleben positive Effekte.
Nachteile bestehen unter anderem in der Gefahr der verstärkten Selbstausbeutung, in den Möglichkeiten der Überwachung durch den Arbeitgeber und in einer Entgrenzung von Arbeits- und Privatleben. Arbeitnehmer*innen berichten über Erreichbarkeit rund um die Uhr für sieben Tage in der Woche ohne zusätzliche Vergütung und jenseits jeder Rechtslage. Viele wagen nicht dem Chef zu widersprechen, weil sie um ihren Arbeitsplatz fürchten.
Anlass für Einsparungen
Es gibt leider auch Betriebe, die große Teile ihrer Belegschaft in Homeoffice geschickt haben, um Büroräumlichkeiten aufzulösen. Sie sparen sich dadurch nicht nur die Raumkosten, sondern auch die laufenden Kosten für Homeoffice. Diese müssen die Beschäftigten selbst tragen.
Dann gibt es Arbeitgeber, denen es schwerfällt, ihren Beschäftigten eigenverantwortliches Arbeiten zuzutrauen und die versuchen, am liebsten ständig, zu überwachen, ob ihre Mitarbeiter*innen tatsächlich arbeiten, und was sie gerade arbeiten. Davor müssen Arbeitnehmer*innen geschützt werden. Ganz im Gegenteil braucht es wirksame Schutzmaßnahmen, um die Einhaltung von Arbeitszeitregelungen und Ruhezeiten zu gewährleisten. Auch wenn im Homeoffice größere Gestaltungsspielräume möglich sind, muss Arbeitszeit auch hier klar geregelt werden.
Schutz der Privatsphäre
Arbeiten vom Wohnzimmer aus darf nicht bedeuten den Arbeitgeber am täglichen Leben teilhaben lassen zu müssen. Wo räumliche Abgrenzungen nicht möglich sind braucht es zumindest technische Schritte, um das Privatleben für den Arbeitgeber unsichtbar zu machen. Auch das selbstverständliche Zugreifen der Arbeitgeber auf private Ressourcen, etwa Computer, Telefon, Strom, Internet, Heizung, aber auch Druckerpapier und Druckerkartuschen bedarf dringend einer Regelung durch Recht auf Kostenersatz.
Der Arbeitnehmer*innenschutz muss auch für Homeoffice-Arbeitsplätze anwendbar sein. Das ist bei der derzeitigen Rechtslage nicht möglich. Dabei ist aber nicht nur die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes oder ausreichende Beleuchtung, sondern auch die speziellen psychischen Belastungen dieser Arbeitssituation zu erfassen. Ja, Homeoffice könnte auch psychisch belastend sein, etwa durch verstärkte Isolation, wenig unmittelbares Feedback oder zu großer Entgrenzung zwischen Privat und Arbeit.
Versicherung und Haftung
Ein Unfall im Homeoffice müsste automatisch als Arbeitsunfall gewertet werden und bei der AUVA gemeldet werden, und dieselben Rechtsansprüche, von der Reha bis hin zur Berufsunfähigkeitspension auslösen, wie ein Unfall im Betrieb. Und letztendlich muss auch geregelt werden, dass Homeoffice nur auf Basis von Freiwilligkeit möglich sein kann, und keineswegs angeordnet werden darf. Arbeitnehmer*innen müssen selbst entscheiden dürfen, ob Homeoffice für sie ein geeignetes Arbeitsmodell ist.
Es beginnt sich ab zu zeichnen, dass auch in Zeiten nach der Covid19-Pandemie Homeoffice wegen seiner allseitigen Beliebtheit in größerem Umfang eingesetzt werden wird wie früher. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es keine wesentlichen Rechtsgrundlagen für Homeoffice gibt. Regelungen können über Betriebsvereinbarungen oder Einzelvereinbarungen getroffen werden und sind somit vom individuellen Verhandlungserfolg auf betrieblicher Ebene, mit dem jeweiligen Arbeitgeber abhängig.
Das führt von Betrieb zu Betrieb zu unterschiedlichen Regelungen. Und das auch nur in Betrieben mit Betriebsrat. Beschäftigte in Betrieben ohne Betriebsrat werden ohne gesetzliche Regelung von Homeoffice auch in Zukunft ungeschützt im rechtsfreien Raum agieren müssen und sind durch das Fehlen eines einklagbaren Rahmens den Arbeitgebern ausgeliefert. Daher fordert der GLB Homeoffice auf der Basis der oben genannten Punkte gesetzlich zu regeln, um einheitliche Mindeststandards für alle Arbeitnehmer*innen zu schaffen.
Thomas Erlach ist Praxeologe und Betriebsratsvorsitzender von EXIT-sozial Linz und GLB-Arbeiterkammerrat in Oberösterreich