Für Klimaschutz & bessere Arbeitsbedingungen
Die Kampagne „Wir fahren Gemeinsam“ (WfG) will Buslenker:innen, die Gewerkschaft vida, sowie Fridays for Future und System Change not Climate Change zusammenbringen.
15.000 Busfahrer:innen sind in Österreichs privaten Busbetrieben – vor allem im ländlichen Raum und städtischen Außenbezirken – im Auftrag von Kommunen und Bundesländern tätig. Die Arbeitsbedingungen gestalten sich oft haarsträubend, erzählt Gregor Stöhr, Busfahrer bei Dr. Richard in Niederösterreich: „Wir fahren vier Stunden durch, dann haben wir eine halbe Stunde Pause. Meistens gibt es aber keine Pausenräume und keine sanitären Anlagen. Das bedeutet, dass die Fahrer:innen ihre Notdurft im öffentlichen Raum verrichten.“
Das kann für Fahrer:innen entwürdigende Konsequenzen haben. So kursieren von entrüsteten Passant:innen gefilmte Online-Videos von Fahrer:innen, die an einem Baum ihr „Geschäft“ verrichten. Zusätzlich berichtet die vida, dass vor allem im Winter öfters Geldstrafen verteilt werden, weil Fahrer:innen während der Pause zwecks Beheizung den Motor ihres Busses laufen lassen, um es warm zu haben. Das ist aber laut österreichi- schem Kraftfahrgesetz strafbar.
„Für mich liegt voll auf der Hand, dass es für eine Mobilitätswende in Österreich bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten braucht“, sagt Teresa Tausch von Fridays for Future in Österreich: „Wir hatten im letzten Jahr einen Infostand beim Kongress des ÖGB. Da kam der Markus Petritsch, Fachbereichsleiter der vida für die Straße auf uns zu. Er hat uns gesagt, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen für die Busfahrer: innen sind. Es folgten Vernetzungsgespräche und eine Einladung zu einer Betriebsrätekonferenz. Es gab Anfangs viele Vorurteile gegen Klima-Aktivist:innen. Aber gleichzeitig haben die gesagt, wie schlecht es ihnen auf der Arbeit geht, und dass sie Unter- stützung brauchen.“
Über viele Einzelgespräche sei es inzwischen gelungen, Vorurteile abzubauen und Beziehungen mit Fahrer:innen aufzubauen. „Inzwischen reden auch viele Fahrer:innen von der Mobilitätswende. Man merkt, dass sie sich zunehmend darüber bewusst werden, wie wichtig ihr Beruf eigentlich ist, und dass sie dafür gute Arbeitsbedingungen verdienen.“
„Unschätzbare Arbeit“
Auch Gregor Stöhr konnte zu Beginn nichts mit Klima-Aktivismus anfangen. „Ich habe auch von der Vorbild-Kampagne in Deutschland nichts mitbekommen. In den Medien war nichts zu lesen. Aber die Klima-Aktivist:innen bei der Betriebsrätekonferenz waren ein großes Aha-Erlebnis. Beim Reden kommen die Menschen zusammen.“ Inzwischen ist er von den Aktivist:innen rundweg begeistert.
„Wir hatten bei den KV-Verhandlungen immer das Problem, wie wir in die kleinen Betriebe reinkommen. Wenn wir einen Arbeitskampf führen wollen, müssen wir dafür möglichst viele Kolleg:innen erreichen. Das machen die Klima-Aktivist:innen. Sie gehen zu den Bahnhöfen, reden mit den Fahrgästen und mit den Fahrer:innen. Das ist eine unschätzbare ehrenamtliche Arbeit.“
Neben Pausenräumen und kürzeren Fahrzeiten wollen die Busfahrer:innen auch eine bessere Anerkennung von Berufserfahrung und Vordienstzeiten. „Die Verträge für die Busfirmen laufen auf acht bis zehn Jahre“, sagt Stöhr. „Wenn danach ein anderes Busunternehmen die Ausschreibung für eine Busroute bekommt, werden die Fahrer:innen zwar in der Regel übernommen, aber die Vordienstzeiten werden nicht angerechnet. Sie fangen wieder in einer niedrigen Gehaltsstufe an. Wir wollen schnellere Gehaltssprünge, Sonntags- zuschläge und Verbesserungen bei den Nachtzuschlägen.“
Sollte es für das Erreichen dieser Forderungen zu Kampfmaßnahmen kommen, sieht sich das Bündnis gut aufgestellt. Bei den jüngsten Klimastreiks in Wien und Innsbruck demonstrierten Busfahrer:innen und Klima-Aktivist:innen gemeinsam. Regelmäßige Aktivist:innentreffen wurden etabliert, an denen auch Fahrer:innen aus den Betrieben teilnehmen.
„Ich danke den jungen Klima-Aktivist:innen“, so Gregor Stöhr. „Ich weiß, wie trostlos es für junge Menschen aussieht. Wir atmen alle dieselbe Luft, und das Klima geht uns alle an. Busfahrer im öffentlichen Verkehr ist der grüne Job schlechthin. Ich will bessere Arbeitsbedingungen. Und ich will, dass meine drei Kinder eine lebenswerte Zukunft haben.“
Durch WfG ist Bewegung in die stockenden Verhandlungen gekommen. In einigen Punkten signalisierten die Arbeitgeber:innen Anfang Mai Gesprächsbereitschaft, wobei konkrete Ergebnisse zu Redaktionsschluss noch nicht feststanden. Klar ist aber: Die Busunternehmen fürchten den Druck, der durch die Kampagne entsteht, was sich auch an deren wütenden Reaktionen auf das Bündnis gezeigt hat. Diesen Druck gilt es im Herbst weiter aufzubauen.
Christian Bunke ist freier Journalist und schreibt für österreichische Gewerkschaftsmedien
Foto: vida