Einstürzende Kartenhäuser
Der neoliberale Kapitalismus ist gnadenlos. Da werden wirtschaftliche Aufsteiger von Medien und Politik in den Himmel gehoben – um sie beim Scheitern plötzlich nicht mehr zu kennen. Und es gilt schon fast als Faustregel, dass sich zum „Manager des Jahres“ hochgeschriebene Wunderwuzzis nach einigen Jahren als Mega-Pleitiers und Wirtschaftskriminelle entzaubern.
Ein solcher Fall ist Rene Benko, dessen Signa-Imperium mit über tausend Firmen jetzt wie ein Kartenhaus zusammenbricht, nachdem die Investoren Benko das Vertrauen entziehen, weil die Dividende nicht mehr stimmt: „Es ist gut, wenn Österreichs prominentester Immobilienunternehmer scheitert“ schreibt Eric Frey genüsslich über „Das Ende der Benko-Methode“ (Standard, 4.11.2023). Ganz so, als hätte man es immer schon gewusst.
Dabei will man freilich nicht eingestehen, dass die ganze in der Niedrigzinsphase ab 2009 entstandene Immo-Blase ein brodelnder Vulkan ist und glaubt es auf einen Einzelfall reduzieren zu können. Denn „einen flexiblen, lebendigen Immobilienmarkt, in dem gute Projekte guten Gewinn abwerfen“ will man natürlich schon. Was kümmern die daraus resultierenden Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt schon die „braven“ Investoren, wo doch der Immo-Branche eine „Sonderstellung im Wirtschafts- leben“ zugeschrieben wird.
„Benkos Seilschaften. Erst hofiert, nun ignoriert“ spottet der Boulevard zum Benko-Debakel (Kronenzeitung, 5.11.2023). Und listet per Foto die Größen der Politik auf, die nur allzu gerne bei Benkos Machenschaften dabei waren und ihn tatkräftig als „Türöffner“ für diverse Geschäfte unterstützt haben. Von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (alle ÖVP) über Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn (damals FPÖ) bis zur Interims-Kanzlerin Brigitte Bier- lein schwirrten alle wie die Fliegen um Benkos Honigtopf.
Ausgerechnet Gusenbauer, seit 2010 Signa-Aufsichtsratschef, erklärt was Sache ist: „Ein Investor ist daran interessiert, dass das Geld, das er einsetzt, anständig verzinst wird. Da sind alle Investoren gleich. Und das hat Benko halt von Anfang an geschafft. Die Investoren haben immer gut verdient“. Von der Kehrseite spricht der „Noch-Immer-Sozialdemokrat“ bezeichnenderweise nicht. Etwa von den tausenden Beschäftigten von Kika-Leiner in Österreich – wo Signa 300 Mio. Euro verdiente – oder von Kaufhof in Deutschland, die zum Opfer dieser Investoren geworden sind.
Der Austro-Oligarch und NEOS- Startfinancier Hans Peter Haselsteiner ist mit 15 Prozent an Signa beteiligt und ist federführend bei der Absetzbewegung von Benko, dem „Surfer auf einer kreditfinanzierten Immobilienwelle“. Mit höchst riskanten Projekten wie dem Elbtower in Hamburg oder dem Kauf des Chrysler-Building in New York hat Benko ein Finanzloch von 10,8 Milliarden Euro „erwirtschaftet“. Man braucht sich um ihn aber nicht zu sorgen. Mit einem Vermögen von 4,2 Mrd. Euro rangiert Benko auf Platz 8 der TOP100 der heimischen Oligarchen.