Ein hoher Preis
Stefanie Breinlinger über neoliberale Kurpfuscher bei der ÖGK.
Am 12. Februar 2021 rechnet Generaldirektor der ÖGK Bernhard Wurzer vor, dass für die Gesundheitskasse nun doch mit voraussichtlich 17 Millionen Minus ein „fast ausgeglichenes Budget“ vorliege.
Dieser Erfolg, über den sich der Chef der ÖGK medienwirksam freut, ist zweifelhaft: Bundeskanzler Kurz versprach im Kontext der Zwangsfusion der Krankenkassen eine Patientenmilliarde, von der die ÖGK bis jetzt nichts gesehen hat.
Zudem kam dies nur auf Kosten der Versicherten zustande. Denn die ÖGK hatte sehr wohl starke Einnahmenverluste aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und infolgedessen einen starken Rückgang an Beiträgen. Gleichzeitig nahmen die Österreicherinnen und Österreicher aufgrund der Corona-Situation im Jahr 2020 viel weniger medizinische und therapeutische Leistungen in Anspruch.
Die Versicherten sind weniger oft zum Arzt gegangen, haben weniger Kur- und Reha-Aufenthalte angetreten, weniger Operationen haben stattgefunden, weniger Vorsorgeuntersuchungen wurden durchgeführt.
So wurden 2020 um rund 13 Prozent weniger Mammographien und Koloskopien im Vergleich zum Vorjahr durchgeführt. Im zweiten Quartal erhielten die Patient*innen aufgrund der Corona-Maßnahmen insgesamt um 40 Prozent weniger Vorsorgeuntersuchungen. Gesundheitsexpert*innen warnen vor drastischen Rück- schlägen bei der Vorsorge von Brust- und Darmkrebs.
Eine bereits bekannte Folge ist der Anstieg an Herzinfarkten während der Pandemie. Laut ÖGK-Vizeobmann Andreas Huss werden die Folgeerkrankungen erst auftauchen, dann jedoch in schwerer Form als mit guter Vorsorge.
Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres weist auch darauf hin, dass Patient*innen nun in fortgeschritteneren Stadien einer Krankheit ins Krankenhaus kommen und dadurch die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt sind.
Mickriger Zuschuss
Ein stabiles Budget ist natürlich wichtig. Aber anstatt sich in Zahlenspielereien zu verlieren, und sich mit einem mickrigen Corona-Zuschuss von 60 Millionen zu feiern, sollte die ÖGK-Leitung auf ein wirklich ausreichendes Budget für die Gesundheitsleistungen pochen. Kern-Auftrag kann nicht sein, die Gesundheitskasse der Versicherten zu sanieren und Einsparungen voranzutreiben, sondern qualitätsvolle und ausreichende Leistungen zu garantieren.
Das Problemfeld Arztmangel im niedergelassenen Bereich, wo es nicht genug Kassenärzte gibt – seien es praktische oder Fachärzt*innen – ist nur ein Beispiel einer mangelhaften Versorgung der Patient*innen, wo seit Jahren keine Verbesserungen sichtbar sind.
Der GLB fordert daher eine Ausfinanzierung der ÖGK durch den Bund, um unter anderem umgehend alle offenen Kassenstellen zu besetzen, die Zahl der Kassenärzt*innen insgesamt aufzustocken, die Honorare der Kassenärzt*innen im Sinne einer optimalen Versorgung anzupassen und die Gründung von Gesundheitszentren zu forcieren.
Gerade die COVID19-Krisensituation legt offen, wie entscheidend die Stabilität und ausreichende Ressourcenausstattung des öffentlichen Gesundheitssystems sowie ein leichter Zugang aller Bürger*innen zu diesem sind.
Stefanie Breinlinger ist Sozialarbeiterin bei FAB Linz und GLB-Landesvorsitzende OÖ
Cartoon: Karl Berger, www.zeichenware.at