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Ein Bettvorleger für Kickl
Manche Politstars können einfach alles. Salzburgs künftige Landeshauptfrau Karoline Edtstadler meinte „In der Politik muss man wendig sein“. Wolfgang Hattmannsdorfer, gestern noch Soziallandesrat in Oberösterreich, heute Generalsekretär der Wirtschaftskammer und für höchste Ämter geadelt beweist das.
von Leo Furtlehner
Trotz der demonstrativen Unterwürfigkeit seiner Partei gegenüber der Kickl-FPÖ meint er „Die ÖVP ist kein Pflegefall“ und sieht den Wohlstand bedroht, wenn die Regierung die Unternehmer nicht spürbar entlastet (Standard, 11.1.2025). Die Werktätigen, die alle Werte schaffen, sind für ihn faktisch inexistent. Hinter der Floskel Jobs zu sichern und Wachstum zu schaffen versteckt er das eigentliche Ziel – nämlich Profite zu sichern und zu vergrößern, wie es dem Wesen des Kapitalismus entspricht.
„Unideologischer“ Drahtzieher
Nach dieser Logik wirft Hattmannsdorfer – gemeinsam mit WKO-Präsident Harald Mahrer und Industriellen-Präsident Georg Knill Drahtzieher beim Scheitern der „Zuckerlkoalition“ von ÖVP, SPÖ und NEOS – der SPÖ ganz „unideologisch“ vor, dass sie „nicht bereit war, Verantwortung zu übernehmen“ und ihr „ideologische Fragen und Umverteilungsfragen wichtiger“ waren. Krasser kann der Zynismus der Herrschenden und der Klassenkampf von oben nicht zum Ausdruck gebracht werden als die legitime Forderung nach Umverteilung derart abzuschasseln.
„Ich kenne keine Steuer, die Jobs schafft. Und ich kenne keine Umverteilung, die Wohlstand bringt“ verkündet Hattmannsdorfer sakrosankt. Ihm fehlt wohl eine Einführungsvorlesung in Volkswirtschaft, wo doch alle seriösen Wirtschaftsforscher eingestehen, dass eine Budgetsanierung rein ausgabenseitig nicht möglich ist und sie vor sozialen Verwerfungen durch wachsende Vermögenskonzentration und fehlende Umverteilung warnen.
Das Lamento über hohe Energiepreise lässt die Superprofite der Energiekonzerne ebenso außer Acht wie die Dauerforderung nach Senkung der Lohnnebenkosten in Hinblick auf die Tatsache, dass Österreich im Vergleich der gesamten Arbeitskosten keineswegs europäischer Spitzenreiter ist. Wie devastiert die ÖVP-Politik mittlerweile geworden ist demonstriert Hattmannsdorfer, wenn er sich über die Entwaldungsverordnung der EU belustigt und sich – ganz auf FPÖ-Linie – damit als Leugner des Klimawandels demaskiert.
Wetteifern mit Fremdenfeindlichkeit
Die Standortpolitik gilt für Kapital und ÖVP als Dogma schlechthin. So will Hattmannsdorfer der FPÖ klar machen, dass „ein klares Bekenntnis zu Europa und zu transatlantischen Beziehungen und zu qualifizierter Zuwanderung“ für die ÖVP unerlässlich seien. Doch was sind solche Floskeln wert, wenn gleichzeitig – wie in Oberösterreich seit 2015 – die ÖVP mit der FPÖ in punkto Fremdenfeindlichkeit wetteifert. Ein solches Klima wirkt sich zwangsläufig längerfristig nicht nur auf das Werben um qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland, sondern letztlich auch auf die Exportgeschäfte aus. In der „Festung Österreich“ kann man schlussendlich auch ausgehungert werden.
Monatelang haben alle maßgeblichen ÖVP-Politiker:innen vor und nach der Wahl eine Koalition mit der „Kickl-FPÖ“ als absolutes No-Go dargestellt, drei Monate lang wurden Pseudoverhandlungen über eine Regierung ohne FPÖ geführt, dann war über Nacht alles anders. Als quasi einzig anständiger ÖVPler zog Kanzler Karl Nehammer die Konsequenzen, seine Partei landete als Bettvorleger von Kickl, absolute Demütigung durch die FPÖ inklusive. Der WKO-General Hattmannsdorfer gibt sich jetzt als „Brückenbauer“ und will das Vertrauen der Blauen gewinnen. Doch die „Kultur des Brückenbauens“ hat sich schon 1933 als Schuss ins eigene Knie, als die Konservativen in Deutschland der Hitler-Partei zur Macht verholfen haben.