Demokratiefreie Zonen
„Wer Betriebsräte verhindert, darf nicht ohne Strafe davonkommen“ verkündete ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian am 7. April, dem „Tag der betrieblichen Mitbestimmung“ und verwies auf die 90.000 Belegschaftsvertreter:innen, die sich Tag für Tag für ihre Kolleg:innen im Betrieb engagieren (OTS0052, 5.4.2024).
Dieses Engagement schlägt sich neben höheren Einkommen auch in stabileren Beschäftigungsverhältnissen und einer generell höheren Zufriedenheit der Beschäftigten nieder, wie eine Studie von ÖGB und AK beweist. Trotzdem zeigen nicht wenige Fälle, dass die Kapitalseite – entgegen den Sonntagsreden über die Segnungen der Sozialpartnerschaft – mit aller Kraft bestrebt ist, die Wahl von Betriebsräten zu verhindern.
Die Methoden reichen dabei von gezielten Kündigungen engagierter Arbeitnehmer:innen – die meist auch vor Gericht landen – bis zu Einschüchterungsversuchen der gesamten Belegschaft. Dass solche Angriffe auf die betriebliche Mitbestimmung allem Demokratiegeschwätz Hohn sprechen und gegen das Arbeitsverfassungsgesetz verstoßen und strafrechtlich zu ahnden sind, schreckt die „Schwarzen Schafe“ auf der Unter- nehmerseite nicht ab.
Bereits 2016 erhob die AK Oberösterreich, dass bundesweit nur noch 49 Prozent der Lohnabhängigen von einem Betriebsrat vertreten werden. In der öffentlichen Verwaltung und privatisierten Betrieben aus vormals öffentlichem Eigentum – insbesondere im Bereich Energie, Banken und Industrie – gelten Betriebsräte und Personalvertretungen als selbstverständlich. Düster schaut es hingegen in den Niedriglohnsektoren – Tourismus (14 Prozent) oder Handel (29 Prozent) – aus.
Im benachbarten Deutschland ist laut § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes das Verhindern einer Betriebsratsgründung strafbar – mit einem Strafrahmen bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe. Seit 2021 kann dies sogar als Offizialdelikt geahndet werden. Der Kärntner AK-Präsident Goach forderte eine entsprechende Regelung auch in Österreich (AK Kärnten, 30.11.2021). In Österreich kommen Unternehmen immer noch vergleichsweise billig davon. Verfahren enden in der Regel damit, dass Betroffene wieder einge- stellt werden müssen.
Krasse Beispiele dafür sind etwa die Drogerieketten Müller und Douglas oder der Diskonter M-Preis, wo es keinen Betriebsrat gibt. Aufsehen erregte 2016 die geplante Betriebsratsgründung bei Servus-TV, als der (mittlerweile verstorbene) Oligarch Mateschitz mit der Kündigung von 260 Beschäftigten drohte – und nach einem Kniefall der Salzburger Arbeiterkammer zurückzog, nachdem die betroffenen Beschäftigten mehrheitlich unterschrieben, nicht an die Gründung eines Betriebsrates zu denken.
Während das Establishment in Leierkastenmanier über die „liberale Demokratie“ als die höchste Errungenschaft der Menschheit schwadroniert, gilt es als Kavaliersdelikt, wenn große Teile der Wirtschaft, respektive der Arbeitswelt als demokratiefreie Zonen gelten und den betroffenen Lohnabhängigen selbst bescheidene elementare demokratische Rechte der Mitbestimmung – denn mehr können Betriebsräte gar nicht leisten – ent- zogen werden.