Bereit fürs nächste Mal
Eine Rezension von Sebastian Wisiak
Nur zwei Monate nachdem der Corona-Ausbruch von der WHO als Pandemie eingestuft wurde und global rigorose Eindämmungsmaßnahmen getroffen wurden, erscheint ein Buch mit dem Anspruch, uns aufs nächste Mal vorzubereiten.
Der Titel „Bereit fürs nächste Mal – wie wir unser Gesundheitssystem ändern müssen“ verspricht Antworten auf brennende Fragen der Gesundheitsversorgung und des Katastrophenschutzes.
Wer sich ein systematisches Werk mit tiefgreifenden Analysen, harten Fakten und schlüssigen Handlungsanweisungen erwartet, wird allerdings enttäuscht. Vielmehr liest man sich durch ein Sammelsurium aus Anekdoten und Exkursen, mit wenig Struktur und vielen Gedankensprüngen. Die Autoren sind Rudolf Likar, Primar der Anästhesiologie in Klagenfurt und Kärntner Corona-Intensiv-Koordinator, sein Primarkollege von der Akutgeriatrie und Remob, Georg Pinter und ein klinischer Psychologe und Ao. Univ.Prof. in Rente, Herbert Janig.
Tätig sind oder waren die drei in Kärnten, dem Bundesland, mit vergleichsweise wenig Infektionsfällen. Dementsprechend ist ihre Erfahrung mit dem Corona-Virus eine recht undramatische. Im Buch wird ein großer Teil der – teilweise durchaus berechtigten – Kritik an überbordenden Maßnahmen und Panikmache gewidmet. Wenn es um konkrete Verbesserungen geht, ist das Buch eher dürftig. Während das Anlegen ausreichender Vorräte an Schutzausrüstung für medizinisches und pflegerisches Personal, gut und richtig ist, braucht es keine Professoren, um darauf zu kommen – schon gar nicht im Nachhinein. Wenn es um Themen geht, wo guter Rat teuer und fachliche Expertise gefragt ist, bleiben die Autoren schwammig.
So werden eine Reformierung des Medizinstudiums und eine Aufwertung des niedergelassenen Bereichs in der Gesundheitsversorgung gefordert. Es wird zur Prävention ein gesunder Lebensstil, der das Immunsystem stärkt, empfohlen. Ein solcher ist abhängig von der ökonomischen Situation einzelner Personen und für viele kaum umsetzbar.
Allen Mängeln zum Trotz liest man manche Passagen dann doch gebannt, weil marode Strukturen und Verwerfungen des Systems beinhart aufgedeckt werden – nur um im nächsten Absatz enttäuscht festzustellen, dass soeben das Thema gewechselt wurde, bevor Ursachen analysiert und Schlussfolgerungen gezogen wurden. Man hat ständig den Eindruck, dass nur an der Oberfläche gekratzt wird. Ob es um Verabschiedung von Sterbenden, Prävention oder die Ausweitung von E-Health geht – alles wird erwähnt, aber kaum etwas zufrieden- stellend bearbeitet.
Anstatt sich zu fragen, warum die Krise in China so viel besser gemanagt wurde als im Westen, verfallen die Autoren wiederkehrend in plumpes China-Bashing, das selten auf Fakten beruht. Xi Jinping die Ausstrahlung einer Litfaßsäule zuzusprechen, trägt wohl kaum dazu bei, dass wir das nächste Mal besser vorbereitet sind. Aus der chinesischen Reaktion zu lernen und sich die Best-Practice Guidelines der Ärzte an der Front in Wuhan anzuschauen schon eher.
Aber das haben die Autoren unterlassen. Peng Zhou et al haben in einem Review namens „Bat Coronaviruses in China“ im Journal Virology vor einem Jahr auf die Gefahr einer neuen Coronavirus-Pandemie hingewiesen. Laut den Autoren wurden die Warnungen nicht ernst genommen. Das schnelle Eindämmen der Epidemie in China spricht eine andere Sprache.
Likar Rudolf u.a., Bereit fürs nächste Mal – wie wir unser Gesundheitssystem ändern müssen, 172 Seiten, edition a GmbH, 2020, 22 Euro
Sebastian Wisiak ist Assistenzarzt für Chirurgie bei der KAGES und KPÖ-Bezirksrat in Graz-Liebenau