Arbeitszeitverkürzung im Fokus

Für den GLB nahm AK-Rat Patrick Kaiser an der 182. Vollversammlung teil, für den kurzfristig erkrankten Oliver Jonischkeit wurde Lukas Zwerina als Ersatzmitglied angelobt.

Präsidentin Renate Anderl betonte, dass eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich sinnvoll wäre. Der Ökonom Torsten Müller stellte verschiedene Modelle in Europa vor. Er erinnerte auch daran, dass es in Frankreich bereits seit 1998 eine gesetzliche Regelung von 35 Stunden pro Woche gibt. Die Erfahrung zeige, dass vor allem teilzeitbeschäftigte Frauen in Vollzeit wechseln. Ebenso wurde festgestellt, dass eine Viertage-Woche in Pilotprojekten nur dann sinnvoll ist, wenn sie mit einer Arbeitszeitverkürzung einhergeht. Ansonsten kommt es zu einer massiven Arbeitsverdichtung.

Undemokratisches Vorgehen der FSG

Während der Rede von Anderl gab es eine fraktionsübergreifende Aktion für „Zusammenarbeit und Rederecht auch in den Ausschüssen“. Seit der letzten Wahl hat die FSG-Mehrheit in strenger Auslegung des AK-Gesetzes die meisten Fraktionen und Gruppen von den Diskussions- und Informationsprozessen in den Ausschüssen ausgeschlossen. In der Folge werden die Mandate dort zu 97 Prozent von der FSG gestellt, bei einem Wahlergebnis von 57 Prozent.

Anträge meist gemeinsam

GLB-Anträge gegen eine Paketzustellung am Sonntag und für eine Erhöhung des Arbeitslosen- und Notstandsgeldes wurden gemeinsam mit anderen Fraktionen eingebracht und auch von der Vollversammlung angenommen. Die Anträge für eine radikale Verkürzung der Normarbeitszeit, für einen erweiterten Kündigungsschutz während eines Krankenstandes sowie für das Recht auf Teilzeitarbeit sowie für eine unabhängige Meldestelle für Probleme im Gesundheitsbereich in Wien wurden ebenso gemeinsam eingebracht, aber leider abgelehnt. Ebenso abgelehnt wurde die Forderung nach einer Verbesserung des Karenzgesetzes.

AK-Rat Kaiser warnte in seinem Redebeitrag vor den kommenden Kürzungspaketen jeder möglichen Regierungskonstellation: „Keine Regierung wird uns etwas schenken, und ein gemeinsamer Kampf für eine Politik für die vielen ist notwendig! Dabei dürfen wir uns keine sozialpartnerschaftlichen Kompromisse einreden lassen.“

Anschließend betonte Kaiser die Unterstützung der Kämpfe um den SWÖ-Kollektivvertrag: „Der Kampf muss eskaliert werden, unsere Forderungen nach 500 Euro mehr aufs Grundgehalt und 25 Prozent mehr auf Zulagen müssen drin sein. Hingewiesen wurde auch auf die drohende Nullrunde im öffentlichen Dienst, was tausende Pfleger:innen, Polizist:innen, Mitarbeiter:innen der Müllabfuhr etc. betrifft, sowie auf die Solidarität mit der Forderung nach deutlich höheren Löhnen im Handel. Abschließend wies er auch darauf hin, dass der Kampf für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung nach 50 Jahren endlich geführt werden muss! 30 Stunden in der Woche sind genug!

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Unsere Anträge im Wortlaut:

Keine Paketzustellung an Sonntagen

Die 182. Vollversammlung der AK Wien fordert die Post AG auf, das am 6. Oktober 2024 begonnene Pilotprojekt der Paketzustellung am Sonntag in einigen Wiener Bezirken sofort zu beenden und den Sonntag als gemeinsamen Ruhetag zu respektieren.

Zu Recht betont die Wiener Sonntagsallianz, die Teil der Allianz für den freien Sonntag Österreichs mit ihren 50 Mitgliedsorganisationen ist, dass diese Praxis Tür und Tor für eine weitergehende Aushöhlung der Arbeitsrechte öffnet, indem das reguläre Arbeitszeitmodell umgangen wird. Auch wenn die Zustellung derzeit durch externe Lieferdienste erfolgt, steigt der Druck auf die in dieser Niedriglohnbranche Beschäftigten an, insbesondere auch für die dort tätigen Selbstständigen. Denn der Kollektivvertrag für Kleintransporteur:innen deckt einen Einsatz am Sonntag gar nicht ab. Die Post AG spricht bereits von einer möglichen Ausweitung der Sonntagszustellung u.a. auf die Landeshauptstädte. „Die Sonntagszustellung der Post könnte wohl rasch zu einer dauerhaften Ausweitung der Sonntagsarbeit führen – und dies nicht nur in der Zustellbranche“, wie die Wiener Sonntagsallianz in einer Presseaussendung feststellt.

50 Jahre 40-Stunden-Woche: Arbeitszeitverkürzung jetzt !

Die 182. Vollversammlung der AK Wien fordert die österreichische Bundesregierung dazu auf, unter Einbindung der Interessenvertretungen und aller Parlamentsparteien einen Dialog zu starten, der nach fünf Jahrzehnten Stillstand bei der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung diese wieder in Gang bringt und in der Folge in einer Reduktion der gesetzlichen Normalarbeitszeit mündet.

2025 jährt sich die Einführung der gesetzlichen 40-Stunden-Woche zum 50. Mal. In den vergangenen fünf Jahrzehnten wurden merkliche Produktivitätszuwächse erreicht, ohne dass es zu einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich gekommen wäre.

Im Gegenteil – trotz vielfach gestiegener Arbeitsbelastung – wird wieder über längere Arbeitszeiten diskutiert. Neben steuerlichen Anreizen für mehr Überstunden wurde von Seiten der Industrie zuletzt die Forderung nach einer 41-Stunden-Woche erhoben. Dabei wurden mit der Verlängerung der Höchstarbeitszeit bzw. der Einführung des 12-Stunden-Tages 2018 bereits entscheidende Verschlechterungen für die Beschäftigten eingeführt.

Bei der durchschnittlich wöchentlichen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer:innen liegt Österreich im EU-Spitzenfeld. Nur in Griechenland wird noch mehr gearbeitet. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit lag in Österreich im letzten Jahr bei 41,7 Wochenstunden und damit mehr als eine Stunde über dem Schnitt im Euroraum.

Eine Erhöhung der gesetzlichen Normalarbeitszeit ohne Lohnausgleich – wie sie von der Industrie gefordert wurde – würde dazu führen, dass die Bezahlung von Überstunden entfällt und Teilzeitbeschäftigte bei gleichbleibendem Stundenausmaß von Lohnkürzungen betroffen sind. Die Ersparnis von Entgeltzahlungen bzw. die damit einhergehenden Lohnkürzungen würden eine ungerechte Umverteilung zu Gunsten der Unternehmer:innen bewirken. Angesichts von Löhnen und Gehältern, die den massiv steigenden Preisen hinterher hinken, einer über die letzten Jahrzehnte deutlich gestiegenen Produktivität, einer steigenden Anzahl an Arbeitslosen und einer Arbeitsbelastung, die etwa in der Pflege dazu führt, dass Beschäftigte diesen Bereich verlassen, braucht es dringend eine Debatte um eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung.

Arbeitslosen- und Notstandsgeld anheben, um ein Leben in Würde zu gewährleisten

Die 182. Vollversammlung der AK Wien fordert die Koalitionsverhandler:innen und in Folge die künftige österreichische Bundesregierung auf, den Arbeitslosenbezug und die Notstandshilfe auf eine mindestens 70-prozentige Nettoersatzrate zu erhöhen sowie die automatische jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes als dringliche Maßnahme ins Regierungsprogramm aufzunehmen.

Die massive Teuerungswelle der letzten zwei Jahre, insbesondere die besonders eklatanten Preiserhöhungen fürs Wohnen sowie bei Energie und Lebensmittel, stellen für sehr viele Lohn- und Gehaltsbezieher:innen eine große finanzielle Belastung dar. Nicht planbare, aber notwendige Anschaffungen, wie beispielsweise nach einer kaputt gegangenen Waschmaschine, sind oft eine schier unlösbare Katastrophe.

Bei einem Verlust des Arbeitsplatzes gibt es über die Arbeitslosenversicherung nur eine maximal 60 prozentige Nettoersatzrate des Einkommens. In Wahrheit ist die Ersatzrate oft noch geringer, weil bei der Berechnungsrundlage das Vorjahresentgelt, also eines mit einer fehlenden KV-Lohnerhöhung, herangezogen wird.

Die „Versicherungsleistung“ Arbeitslosengeld, die eigentlich geschaffen wurde um das Risiko der Existenzsicherung bei einem Arbeitsplatzverlust zu minimieren und das Leben danach abzusichern, ist für viele nur mehr ein (noch gesetzlich gesichertes) „Almosen“, das weder die Existenz und schon gar nicht die Teilhabe am kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Leben, also ein Leben in Würde, sichert.

Für einen erweiterten Kündigungsschutz während des Krankenstandes

Nach aktuellen Zahlen des Arbeitsklima-Indexes gehen knapp 60 Prozent der Beschäftigten in Österreich  krank zur Arbeit. Auch im Home-Office zeigt sich ein erweitertes Bild des „Krank-arbeiten-gehens“.

Die Arbeiterkammer Oberösterreichs schlägt deshalb Alarm ! Diese alarmierenden Werte stellen die höchsten seit dem Beginn der Erhebungen 2008 dar. Präsentismus trotz gesundheitlicher Einschränkungen macht die Menschen kaputt. Ursachen sind vor allem Pflichtgefühl gegenüber Arbeitskolleg:innen, die nicht mögliche Erledigung von Arbeitsleistungen bei Abwesenheit sowie vor allem auch, dass die betriebliche Vertretung den Arbeitnehmer:innen nicht immer genügend Rückhalt gibt.

Lohnarbeit unter ständigem Präsenzdruck macht die Menschen kaputt, die Gesundheit der Beschäftigten steht auf dem Spiel.

Die Arbeiterkammer Oberösterreichs fordert deshalb bereits:

– Verbesserte Arbeitsbedingungen aller Berufsgruppen, vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich und Sicherstellung von ausreichend Personalressourcen.

– Kündigungsschutz während des Krankenstandes. Auch bei einvernehmlicher Auflösung muss der Anspruch auf Entgeltfortzahlung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus aufrecht bleiben.

Die Arbeiterkammer Wien folgt dieser Aufforderung.

Recht auf Teilzeitarbeit

Viele Menschen würden gerne Teilzeit arbeiten, um Reproduktions- oder Weiterbildungsarbeit zu leisten oder zu stemmen. Leider wird dies oft durch fast schon patriarchale Zustände verwehrt.
Eine moderne Lohnarbeitswelt stellt die Bedürfnisse der Beschäftigten in den Vordergrund. Es darf nicht über Fachkräftemangel geklagt werden, wenn gleichzeitig nicht einmal individuelle Lohnarbeitsbedürfnisse angenommen werden. Neben dem Wunsch nach Vollzeitarbeit muss auch das Bedürfnis nach Teilzeitarbeit als gesetzlich garantiertes Recht gefordert werden.

Daher wird sich die AK Wien für ein generelles Recht auf Teilzeitarbeit einsetzen.

Die AK Wien stellt eine unabhängige Melde- und Unterstützungsstelle für Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich zur Verfügung

Die AK Wien stellt eine unabhängige Melde- und Unterstützungsstelle für Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich zur Verfügung, analog zur AK Niederösterreich

Mit den Worten der AK Niederösterreich:

 „Warum müssen Probleme an den Arbeitgeber gemeldet werden ? Dauerhafte Überlastung kann die eigene Gesundheit und die von Patient:innen oder Klient:innen gefährden. Weil sie die Fehleranfälligkeit steigen lässt und Fehler können für alle teuer werden. Das Aufzeigen von Gefahrenquellen hilft, Schäden zu vermeiden.

Meldungen können sich, wenn ein Schaden passieren sollte, für die Mitarbeiter:innen haftungsbefreiend bzw. haftungsmildernd auswirken. Dies ist für alle von Vorteil: für die Mitarbeitenden, für die betreuten Personen und für die Arbeitgeber:innen.

Wir unterstützen Sie !

Unser Angebot:

– Konkretisierung und rechtliche Bewertung des Sachverhaltes

– Unterstützung beim Auffinden weiterer betrieblicher und überbetrieblicher Betroffener innerhalb ihrer Einrichtung

– Unterstützung beim Verfassen einer Überlastungs- oder Gefährdungsmeldung bzw. einer Strukturmangelanzeige an den Arbeitgeber

– Sie möchten lieber anonym bleiben: Dann können wir die Meldung gerne auch für Sie beim Arbeitgeber/bei der Arbeitgeberin einbringen.

– Je nach Sachverhalt: Unterstützung bei der Einbeziehung anderer Behörden bzw. Meldestellen (z.B. CIRS medical, Patientenanwaltschaft, Volksanwaltschaft, Aufsichtsbehörde) – Vorträge bei Betriebsversammlungen

Sie können die Meldung anonym bei der AK Niederösterreich einreichen. Es ist nicht erforderlich, dass Sie Ihren Namen oder den Namen der Einrichtung bekannt geben.

Wenn Sie allerdings die Unterstützung der AK (z.B. in Form einer rechtlichen Beratung) benötigen, geben Sie bitte unbedingt eine E-Mail-Adresse oder Telefon-Nummer an, unter der Sie erreichbar sind. Die Mail-Adresse muss nicht ihren richtigen Namen enthalten“.

Probleme im Gesundheits- und Krankenpflegebereich sind auch in Wien weiter präsent. Gangbetten in Wiener Spitälern werden zwar dementiert bzw. schöngeredet, aber sind weiter auf der Tagesordnung. Wenn diese Gangbetten dann in gesperrte Bereiche verlegt werden, ist zwar ein Bett da, aber nicht das nötige Personal. Personalschlüssel werden immer mehr verringert. Bettenreduktion ist seit Jahrzehnten Realität trotz wachsender Bevölkerungszahl in Wien. Die zuständige Gewerkschaft im öffentlichen Dienst verhandelt zwar Gehaltszuwächse, allerdings keine Personalschlüssel. Gleichzeitig werden durch interne Dienstplanvorgaben immer mehr Menschen aus der Pflege im öffentlichen Dienst vertrieben. Die letzten Dienstanweisungen bzgl. Gefährdungs- bzw. Überlastungsanzeigen machen solche zahnlos und dies wird von den Personalvertretungen und der Gewerkschaft teilweise unterstützt.

So kann es nicht weitergehen. Es braucht auch in Wien eine unabhängige Meldestelle für Probleme im Gesundheits- und Pflegebereich. Die AK Niederösterreich geht dabei mit gutem Beispiel voran.

Verbesserung des Mutterschutz- bzw. Väterkarenzgesetzes

Die 182. Vollversammlung der AK Wien fordert den Nationalrat auf, sich für eine Novelle bzw. Verbesserung des Mutterschutzgesetzes bzw. des Väterkarenzgesetzes einzusetzen. Es soll Arbeitnehmer:innen nach der Geburt eines eigenen Kindes ein Kündigungsschutz von mindestens 3 Jahren zuerkannt werden. Dies unabhängig davon, ob die betroffenen Arbeitnehmer:innen eine Elternkarenz oder Elternteilzeit in Anspruch nehmen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Teuerung und der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt entscheiden sich immer mehr Arbeitnehmerinnen und in Einzelfällen auch Arbeitnehmer als Väter für die Variante eines einkommensabhängigen Karenzgeldes in Kombination mit einer nachfolgenden Bildungskarenz und dem Bezug von Weiterbildungsgeld. Firmen sind in der Regel nicht bereit, für die Zeit einer Bildungskarenz einen Kündigungsschutz zu vereinbaren. Um diese Kolleg:innen vor den negativen Auswirkungen einer Dienstgeberkündigung mit Kind/Kindern im Kleinkindalter zu schützen, braucht es einen Kündigungsschutz der betroffenen Arbeitnehmer:innen bis zum 3. Lebensjahr des Kindes.

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