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Arbeitszeitverkürzung gibt´s nicht geschenkt
In Spanien gab es vor 40 Jahren, die letzte Arbeitszeitverkürzung, in Österreich sogar vor 50 Jahren. In Spanien soll jetzt die Arbeitszeit gesetzlich verkürzt werden, in Österreich stehen die Vorzeichen weiterhin auf „Bitte warten“.
Ein Bericht von Josef Stingl
In Spanien soll die gesetzliche Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden gesenkt werden. Ebenso soll das „Recht auf Abschalten“ gestärkt werden. Unternehmen dürfen dann die Beschäftigten nicht mehr außerhalb der Arbeitszeiten kontaktieren. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 10.000 Euro. Dazu soll ein digitales Zeiterfassungssystem eingeführt werden, das den Behörden die Untersuchung möglicher Verstöße erleichtert.
Dem Gesetzesentwurf wurde Anfang Februar vom Ministerrat gebilligt. Es muss jetzt noch vom Parlament gebilligt werden. Der Gesetzesentwurf soll Ende Februar oder Anfang März dem Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden. In Kraft treten soll die Arbeitszeitverkürzung für die rund 12 Millionen spanischen Lohnabhängigen zu Beginn 2026.
50 Jahre 40-Stunden-Woche
In Österreich kam es vor 50 Jahren zur letzten generellen Verkürzung der Wochen-Normalarbeitszeit. Ab 6. Jänner 1975 galt die 40-Stunden-Woche. Schon kurz darauf, im Jahr 1983, forderte der 10. ÖGB-Bundeskongress des ÖGB die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Seitdem flattert die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung umsetzungsfrei im Raum. Und das im unterschiedlichen Ausmaß: mit einer 35-, 32-, oder 30-Stunden-Woche, bzw. einer Vier-Tage-Woche.
Auch wenn die Gewerkschaften und Arbeiterkammern die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung ständig bekräftigen, wurde die Umsetzung sträflich vernachlässigt. Ausnahmen sind die Verlängerung des Urlaubsanspruchs sowie einige Wochenarbeitszeitverkürzungen gibt es in einigen Kollektivverträgen. Diese erfolgen meist nur als (teilweiser) Abtausch gegen eine höhere KV-Lohn- und Gehaltsanpassung.
“Die gesetzliche Definition von 40 Stunden Normalarbeitszeit ist im 21. Jahrhundert schlicht und einfach nicht mehr zeitgemäß”, meint etwa die BAK-Präsidentin Renate Anderl . „Kürzere Arbeitszeit auch auf der gesetzlichen Ebene ist gerecht. Es ist ein Gebot der Stunde. Sonst werden wir in die Mitte des letzten Jahrhunderts zurückgeworfen“, sagt die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber. Torsten Müller, ein Senior Researcher am Europäischen Gewerkschaftsinstitut (ETUI), unterstützt sie. Er sagt: „Unternehmen haben ihre Produktivität gesteigert. Es ist jetzt die Zeit, wo sie sich damit kürzere Arbeitszeiten verdient haben.”
Lasche Umsetzung
Alles unbestritten meint die Tiroler AK-Rätin und stv. Bundesvorsitzende des GLB Evi Kofler trotzdem ist sie unzufrieden. Sie kritisiert, dass “Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung durchaus lautstark sind. Aber sie sind viel zu still bei den Umsetzungsschritten.” Der Umgang mit einem GLB-Antrag bei den Herbst-Arbeiterkammer-Vollversammlungen bei den Arbeiterkammern Oberösterreich zeigt Umsetzungs-Laschheit.
Die Linksgewerkschafter:innen verlangten nach 50 Jahren 40-Sunden-Woche eine “Arbeitszeitverkürzung jetzt!“ und von der Österreichischen Bundesregierung, dass sie einen Dialog mit den Interessenvertretungen und allen Parlamentsparteien startet. Dieser Dialog soll den Stillstand der letzten fünf Jahrzehnte bei der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung überwinden. Er soll schlussendlich in einer Reduktion der gesetzlichen Normalarbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich münden.
In der Steiermark wurde der Antrag angenommen. In Tirol wurde er dem Sozialausschuss zugewiesen. Später wurde er wegen einer zu unkonkreten Forderung zurückgewiesen. Ebenfalls zugewiesen wurde er in Oberösterreich. Fast schon perfide zeigten sich die Wiener sozialdemokratischen Gewerkschafter:innen. Obwohl ihre AK-Präsidentin Anderl in ihrer Rede für eine Arbeitszeitverkürzung erwärmt hatte, haben sie das GLB-Ansinnen einfach abgelehnt.
„Felix Austria” ein Arbeitszeitverkürzungs-Scherbenhaufen
Unter Schwarz-Blau wurde 2018 schon der 12 Stunden-Arbeitstag und die 60 Stunden-Woche wieder ermöglicht. Die wöchentliche Normalarbeitszeit wird durch die absurde Forderung nach einer 41-Stunden-Woche der Industriellenvereinigung angegriffen. Ebenso erhöht wird durch die Pensionsanfallsalter-Anpassung die Lebensarbeitszeit für Frauen – eine Einstiegsdroge für eine generelle Pensionsanfallsalter-Erhöhung.
Ohne eine konsequente Mobilisierung des ÖGB und der Gewerkschaften werden wir in Österreich leider länger auf eine Arbeitszeitverkürzung warten müssen. Das gilt sowohl bei einer Blau-Schwarzen als auch bei einer Regierung anderer Couleurs. Denn Arbeitszeitverkürzung bekommt man nicht geschenkt, man muss dafür kämpfen.