Arbeit & Interessenvertretung
Die Arbeitslosigkeit steigt. Laut AMS haben Menschen, die keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Bildungsabschluss aufweisen, das mit Abstand höchste Erwerbsarbeitslosigkeitsrisiko. Aus-, Fort- und Weiterbildung gelten als profanes Mittel, um der Arbeitslosigkeit zu entfliehen.
Selbst die Wirtschaftskammer erkennt, dass Bildung der Schlüsselfaktor für eine zukunftsorientierte Arbeitswelt ist. Bildung ist unbestritten wichtig, aber nicht nur für einen zukunftsorientierten Leistungsanspruch. Zukunftsorientiert geschult müssen auch die Möglichkeiten der Schulung der betrieblichen Mitbestimmung und Interessenvertretung sein.
Was für die Lohnarbeit gilt, gilt selbstverständlich auch für die betrieblichen Interessenvertreter:innen: Betriebsrät:innen, Personalvertreter:innen, Vertrauensleute und Jugendvertrauensrät:innen können nur so gut agieren, als sie dazu ausgebil- det sind.
Deren Bildungsmöglichkeit ist allerdings, ohne auf eigene Freizeit zurückgreifen zu müssen, etwas dürftig. Nur drei Wochen und drei Tage stehen gesetzlich in der fünfjährigen Funktionsperiode für die Weiterbildung zu. Und Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung wachen mit Argusaugen, dass diese Bildungs- zeit ja nicht ausgedehnt wird.
Rüstzeug geliefert
Viele engagierte Gewerkschafter:innen sind durchaus bereit auch in ihrer Freizeit auf das Bildungsangebot vom Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung der Gewerkschaften und der Arbeiterkammern zurückzugreifen, etwa auf die zweijährige Gewerkschaftsschule.
Sie soll gewerkschaftspolitische Arbeit und praktische Betriebsarbeit unterstützen und die Handlungskompetenz interessierter Gewerkschaftsmitglieder, aber auch betrieblicher Inter- essenvertreter:innen und deren Ersatzmitglieder stärken.
Mit gewerkschaftlichem Basiswissen sollen die Möglichkeiten der Durchsetzung vermittelt und gestärkt werden. Die Gewerkschaftsschule ist ein zweijähriger Abend-Lehrgang. Je nach Standort finden die Einheiten ein- oder zweimal pro Woche statt. Zusätzlich werden Wochenendseminare als Bestandteil des Lehrplans angeboten. Die Ausbildung beginnt im Herbst und endet mit Beginn der Schulferien.
Nationale und internationale politische Zusammenhänge, ökonomische, politische und soziale Gerechtigkeit, die gesellschaftlichen Aufgaben von Gewerkschaften, betriebsrätliche bzw. gewerkschaftliche Herausforderungen, strategisch und zielgerichtet kommunizieren, in rechtlichen und sozialen Konfliktfällen zu beraten und Solidarität wahrnehmen sind nur ein Auszug des Schulungsprogramms.
Ein Erfahrungsbericht
In Tirol wurde gerade ein Lehrgang beendet, die Teilnehmer:innen erhielten beim ÖGB-Sommerfest ihre Schulungszertifikate. Ein erfolgreicher Absolvent ist der Tiroler GLB-Sprecher und Mitglied des erweiterten GLB- Bundesvorstands Daniel Spiegl.
Er meint zu den zwei Jahren „Gewerkschaft kennen und Leben lernen”, dass er nicht nur das Schulungsangebot rund um das Arbeits- und Sozialrecht mitgenommen hat, sondern auch neue Kolleg:innen kennengelernt, Freundschaften geschlossen und neue Netzwerke geknüpft hat – angefangen vom AMS bis zur ÖGK: „Die Seminarinhalte, vorgetragen von den hervorragenden Referent:innen, die Bildungsreise und das Abschlussprojekt zur Arbeitszeitverkürzung sind für mein Betriebsratsmandat, für Beruf und Persönlichkeit eine Bereicherung. Das Einzige, was man dafür investieren muss, ist, sich die Zeit dafür zu nehmen!“
Josef Stingl ist stellvertretender Bundesvorsitzender des GLB
Foto: Abschluss eines Lehrgangs der Gewerkschaftsschule in Tirol, Foto ÖGB-Tirol