Am Ende des Tunnels?
Georg Erkingers Editorial
Mit dem Beginn des Herbstes stiegen die Corona-Infektionen wieder dramatisch an. Dieser Anstieg trifft auf ein – durch Jahrzehnte kaputtgespartes – Gesundheitssystem und einen Staat dessen Behörden aufgrund jahrelanger Aufnahmestopps bei der geringsten Mehrbelastung ihre grundlegendsten Aufgaben nicht mehr erfüllen können.
Spitäler sind überlastet, Bezirkshauptmannschaften und Magistrate kommen mit der Nachverfolgung der Kontakte nicht zurecht, Ministerien versagen bei der Auszahlung von Hilfsgeldern, wie beim Familienhärtefonds.
Es zeigt sich, dass die Bundesregierung aus den Ereignissen des Frühjahres kaum etwas gelernt hat und mehr oder weniger unvorbereitet in den Herbst stolpert. Die Ende August von Bundeskanzler Kurz ausgesprochene Botschaft, dass Licht am Ende des Tunnels zu erkennen sei, wirkt mehr als befremdlich. Die Ankündigung im nächsten Sommer zur gewohnten Normalität zurückkehren zu wollen, kann auch als Drohung verstanden werden.
Denn wie schaut diese aus? Während Konzerne und Reiche immer weniger zum Steueraufkommen beitragen, steigen die Belastungen für die arbeitenden Menschen. Die Entwicklung der unteren Einkommen hinkt den Preissteigerungen beim Wohnen und bei den Gütern des täglichen Bedarfs hinterher. Während die einen keine Arbeit finden können, steigt für die anderen der Druck am Arbeitsplatz.
Anstatt längst überfällige Schritte zur Arbeitszeitverkürzung zu setzen, geht der Zug in die andere Richtung. Überstunden werden zur Norm, Schutzbestimmungen bei den Ruhezeiten und der Arbeitszeit geschliffen und gleichzeitig durch diverse „Flexibilisierungsmaßnahmen“ auch noch dafür gesorgt, dass Zuschläge wegfallen und Vereinbarkeit von Beruf und Familie massiv leidet.
Um diverse Steuergeschenke an Reiche und Konzerne finanzieren zu können, wird bei dringend notwendigen Aufgaben in der Gesundheitsversorgung, der Pflege, der Bildung und bei staatlichen Infrastrukturprojekten der Sparstift angesetzt.
Ein Zurück zu dieser neoliberalen Normalität darf es nicht geben. Sie ist auch keineswegs alternativlos, wie uns manche glauben machen wollen. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wer die Kosten der Krise zu tragen hat, das dürfen nicht wieder die arbeitenden Menschen sein. Hier gilt es nun sich zu organisieren und Widerstand zu leisten.
Georg Erkinger ist GLB-Bundesvorsitzender und Arbeiterkammerrat in der Steiermark