Alternativen waren möglich

Erich Wilding über den Kampf um den Erhalt von ATB.

ATB Spielberg, ein führender Motorenhersteller in Europa, schließt die Produktion und kündigt 360 von 400 Beschäftigten. Grund ist die Verlagerung der Produktion nach Polen.

Während der Mutterkonzern, die Wolong Group, weltweit Millionengewinne einfährt, wird der steirische Tochterbetrieb in Konkurs geschickt, um Kosten durch Standortverlagerung ins Ausland zu sparen.

Das trifft hunderte Beschäftigte, ihre Familien, Zulieferer und Gewerbetreibende. Denn ATB ist der größte Arbeitgeber in Spielberg. Der Verlust des Industriezweiges Elektroindustrie hat schwerwiegende Folgen für die Zukunft des Murtals.

Konzepte entwickelt

Die KPÖ entwickelte ein Konzept für die Zukunft der Elektromotorenindustrie im Aichfeld. In den Gemeinderäten, in denen die KPÖ vertreten ist, wurden Anträge gestellt, eine Initiative für den Erhalt des „Standbeins Elektroindustrie“ ins Leben zu rufen, an der die politischen Vertreter*innen aller Parteien der Region mitarbeiten sollten.

Mit einer Übernahme durch die öffentliche Hand hätte sich eine Chance für das Überleben der Elektroindustrie in der Region aufgetan. Bei einem Betrieb in öffentlichem Eigentum muss nicht zwingend die Gewinnerwartung an erster Stelle stehen. In Ruhe kann in Zusammenarbeit mit Universitäten die Entwicklung neuer Produkte und Technologien forciert werden, um die Produktion längerfristig abzusichern.

Maßnahmen:
– Übernahme des Produktionsstandortes der ATB durch die öffentliche Hand
– Marktforschung und Analyse im Bereich elektrischer Antriebssysteme
– Erhaltung und Fortführung der derzeitigen Produktion von Elektromotoren bei ATB bis zur Serienreife neuer Produkte in diesem Segment
– Schaffung eines von der öffentlichen Hand geführten Innovations- und Kompetenzzentrums für elektrische Antriebssysteme unter Einbeziehung von entsprechenden Universitäten incl. Errichtung einer Außenstelle
– Ansiedlung einer Fachhochschule für Elektromobilität und Antriebssysteme
– Vernetzung aller in diesem Bereich tätigen Firmen, um Synergien zu nutzen
– Einrichtung einer Ideenschmiede für alternative Antriebsmöglichkeiten
– Ausschreibung eines Ideenwettbewerbes für nachhaltige Produktionen in diesem Segment

Forderungen:
– Die Bundesregierung wird aufgefordert mit den Besitzern von ATB in Verhandlungen zur Übernahme in das öffentliche Eigentum einzutreten
– Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine Sonderfinanzierung der Region Murtal
– Einrichtung eines Entwicklungs- und Innovationsfonds für das Murtal
– Einrichtung eines Koordinationsbüros zur schrittweisen Planung und Umsetzung der Maßnahmen
– Sonder-Wirtschaftsförderungen bedingen eine verpflichtende Beteiligung der öffentlichen Hand um so ein Mitspracherecht zu gewährleisten

Schulterschluss

In zwei Gemeinden wurde der Antrag mit den Stimmen von SPÖ und KPÖ beschlossen, in der dritten von SPÖ, ÖVP und FPÖ abgelehnt. Ein Schulterschluss aller politischen Kräfte unserer Region wäre nötig gewesen, um aktiv für die Inhalte des Antrags zu werben und ihn damit mit Leben zu erfüllen. Das ist leider nicht geschehen, obwohl es zwischenzeitlich drei Demonstrationen mit bis zu tausend Teilnehmer*innen gegeben hatte. Viel für die Region, aber zu wenig gegen einen Weltkonzern und viel zu spät.

Denn der Konzern ließ durch Demontierung und Abtransport der Maschinen Fakten schaffen. Der Abbau hätte mit allen Mitteln – auch mit Blockaden und einem Streik – verhindert werden müssen. Der Betriebsrat der ATB aber hatte sich die Rettung durch ein günstiges Urteil des Insolvenzgerichts und einen neuen Investor erhofft. Das Gericht entschied gegen den Betriebsrat und genehmigte den Verkauf der Maschinen.

Mit dem Abtransport der Maschinen wurde das Schicksal der ATB besiegelt. Unsere Region verliert damit das wichtige Standbein der Elektroindustrie und 360 Menschen sind arbeitslos. Natürlich gibt es keine Garantie, dass unser Konzept aufgegangen wäre, aber es nicht einmal zu versuchen ist ein Schaden für die Menschen der ganzen Region.

Die ATB hatte eine bewegte Geschichte. Bis zur Bauknecht-Pleite war das Werk mit 2.200 Beschäftigten ein Zulieferbetrieb für das private deutsche Stammwerk. Nach der Rettung durch die Übernahme von Bund und Land Steiermark entwickelte die ATB eine eigene Motorenherstellung mit eigenem Vertrieb. Nach sechs Jahren wurde der Betrieb wieder privatisiert, von den Investoren wirtschaftlich an die Wand gefahren und wieder durch die öffentliche Hand aufgefangen.

Das geschah mehrfach. Erst wurden öffentliche Förderungen kassiert, dann der Betrieb und die Belegschaft ausgepresst, Forschung und Entwicklung vernachlässigt, selten neue Investitionen getätigt. Um den Profit zu maximieren wurden Lohnverzicht und der Verzicht auf bezahlte Pausen durchgesetzt und die Antreiberei verstärkt.

Nach diesen jahrelangen schlechten Erfahrungen hätte man heute wissen müssen, dass private Investoren keine Wohltäter sind. Ein Betrieb wird nicht erworben, um Arbeitsplätze zu retten, sondern um Profit zu machen. Das eingesetzte Kapital muss eine möglichst hohe Rendite bringen. Das ist das Gesetz des Kapitalismus. Dagegen hilft nur Widerstand!

Erich Wilding ist KPÖ-Gemeinderat in Spielberg

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