AK OÖ: Andreas Stangl neuer Präsident
Am 24. November 2021 fand unter strengen Corona-Auflagen die 6. AK-Vollversammlung statt. Der ÖAAB blieb fast zur Gänze fern, weil den Mandatar*innen trotz Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen die Teilnahme zu gefährlich war. Andras Stangl, der bisherige FSG Vorsitzende, wurde mit 90,43 Prozent der Stimmen zum neuen AK Präsidenten gewählt. Gegen die Stimmen des ÖAAB und der Freiheitlichen Arbeitnehmer.
In seiner Rede wies GLB-Kammerrat Thomas Erlach darauf hin, dass die Bundes- und auch die Landesregierung angesichts der Corona- Pandemie völlig versagt haben: „Die Regierung ist zu vernünftigen Maßnahmen unfähig und auch unwillig. Während des Sommers wurde so getan, als gäbe es Corona nicht, und zwar aus politischem Kalkül heraus, um Stimmenverluste bei den Wahlen im September zu vermeiden. Es ging niemals um das Wohl von uns Bürger*innen, sondern um den Erhalt der Macht“, so Erlach.
Rechtsextreme und ihre Freunde demonstrierten in Wien und den Bundesländern ungehindert gegen Coronamaßnahmen. Es sei verantwortungslos von der Politik, Rechtsextremen so eine Bühne zu geben. Die Demonstrationen verliefen mit zunehmender Aggressivität gegen Presse, Polizei und Passant*innen, wie eine Dokumentation unter dem Titel „Konformistische Rebellen“ auf YouTube eindrücklich zeigt.
„Während die einen den Zugang zum Krankenhaus blockieren, gibt es diejenigen die sich im Krankenhaus schon seit beinahe zwei Jahren kaputtarbeiten. Das Krankenhauspersonal und auch das Personal des gesamten Gesundheits- und Sozialberreichs braucht dringend bessere Arbeitsbedingungen in Form von mehr Personal, mehr Einkommen und mehr Freizeit. Sonst geht ihnen die Luft aus“ forderte Erlach.
Des Weiteren forderte der GLB-Vertreter eine Nettoersatzrate für arbeitslose Menschen von 80 Prozent und kritisierte die Steuerreform: „Sie ist weder ökologisch noch sozial. Wir brauchen eine Reform der Reform“, so Erlach.
Eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen für eine Milliarde mehr Geld für Kinderbildung und Betreuung wurde vom GLB ebenso unterstützt, wie eine gemeinsame Resolution mit FSG und AUGE-UG über eine Zurücknahme der Zentralisierung der Finanzämter. GLB und AUGE UG brachten eine gemeinsame Resolution ein, um freie Dienstnehmer*innen, wie z.B. Fahrradbot*innen, in den Wirkungsbereich der Kollektivverträge aufzunehmen.
Der GLB brachte eine Resolution für eine Überarbeitung der Steuerreform ein – die Arbeitnehmer*innen steigen derzeit dabei schlecht aus – und eine für eine Auflösung der ÖBAG. Dort gab es bekanntlich einen Skandal.
Die Anträge des GLB im Wortlaut:
Resolution 1: Niedrige Einkommen wirklich entlasten und die Krankenversicherung absichern!
Die Steuerreform der Bundesregierung sieht vor, dass für Bruttoeinkommen bis 2.500 Euro im Monat ab dem 1.7.2022 die Krankenversicherungsbeiträge gesenkt werden sollen. Beginnend mit 1,7 Prozent soll sich diese Senkung bis 0,2 Prozent bei Einkommen bis 2.500 Euro einschleifen. Diese Maßnahme wird mit einem Einnahmenentfall für die Krankenversicherung von rund 800 Mio. Euro berechnet.
Auch wenn es Zusagen gibt, dass die Gegenfinanzierung aus dem Budget erfolgen soll, bedeutet dies doch eine weitere Schwächung des Prinzips der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung. Schließlich geht es auch darum, dass sie ihre Aufgaben weisungsfrei durchführen kann, dass die Interessen der Versicherten, der Beitragszahler*innen und der Leistungsempfänger*innen vertreten werden.
Unklar ist zudem, wie sich die Gegenfinanzierung zukünftig gestaltet und ob diese indexiert sein soll. Die Abhängigkeit vom Budget und damit von der jeweiligen Regierung ist nicht im Interesse der Versichertengemeinschaft, sie ist wohl eher im Interesse jener, die die Selbstverwaltung der Sozialversicherung im Bereich der Krankenversicherung schwächen wollen. Gerade die Pandemie hat uns aber vor Augen geführt, wie wichtig ein funktionierendes und ausreichend dotiertes Gesundheitssystem ist.
Eine gerechte Möglichkeit der Gegenfinanzierung würde sich aus der Einführung einer Erbschaftssteuer ergeben. Erben ist keine Leistung. Neben einer Beitragssenkung könnte damit sogar ein Ausbau der Leistungsangebote unseres Gesundheitssystems finanziert werden. Aber auch die längst überfällige Entlastung der Beschäftigten im Gesundheitsbereich durch mehr Einkommen, mehr Freizeit und mehr Personal wäre so finanzierbar.
Es darf auch nicht außer achtgelassen werden, dass sich durch die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge gleichzeitig die Steuerbemessungsgrundlage erhöht und dadurch teilweise eine höhere Steuerbelastung droht. Gleichzeitig stellt die Höchstbeitragsgrundlage 5.500 Euro pro Monat nach wie vor eine ungerechte Bevorzugung von besserverdienenden Arbeitnehmer*innen dar.
Die Vollversammlung der oberösterreichischen Arbeiterkammer bekennt sich zum Prinzip der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung und zur beitragsfinanzierten Krankenversicherung und fordert die Bundesregierung auf niedrige Einkommen tatsächlich zu entlasten, die Höchstbeitragsgrundlage als ungerechte Bevorzugung von Besserverdienern aufzuheben, und mit den Mitteln einer Erbschaftssteuer den Einnahmenausfall der Krankenversicherung auszugleichen und einen weiteren Ausbau des Gesundheitssystems und bessere Arbeitsbedingungen für die dort Beschäftigten zu schaffen.
Resolution 2: Bundesbeteiligungen direkt verwalten – die ÖBAG auflösen
Die heuer bekannt gewordenen Vorgänge um die 2019 erfolgte Gründung der ÖBAG (Österreichische Beteiligungs AG) und die Bestellung deren Organe zeigen laut den im Zuge des Ibiza-Untersuchungsausschusses zu Tage getretenen Fakten ein denkbar schlechtes politisches Sittenbild.
Es ist inakzeptabel, dass jemand zum Chef einer staatlichen Gesellschaft, mit einem lukrativen Vertrag (Jahresgage 400.000 Euro plus 210.000 Euro Bonus) bestimmt wird, dem elementare Voraussetzungen fehlen und der betriebswirtschaftliche und internationale Erfahrungen vermissen lässt. Ebenso unakzeptabel ist, dass sich ein Manager einen Aufsichtsrat nach Gefälligkeit bzw. Parteinähe oder Spendenbereitschaft für eine Regierungspartei auswählt.
Auch wenn der bis 2022 laufende Vertrag von ÖBAG-Chef Schmid nicht verlängert wurde und dieser aus seiner Funktion ausgeschieden ist, bleibt das Image dieser Gesellschaft geschädigt. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es überhaupt eine eigene Beteiligungsgesellschaft zur Verwaltung der noch verbliebenen elf Staatsbeteiligungen (immerhin mit einem Volumen von 27 Mrd. Euro) braucht.
Bekanntlich wurden die von den Verstaatlichungsgesetzen 1946 und 1947 betroffenen Unternehmen bis in die 1960er Jahre direkt von den zuständigen Ministerien verwaltet. Die 1966 erfolgte Ausgliederung der Verstaatlichten in die ÖIG (Österreichische Industrieverwaltungs GmbH) zielte von Anfang an darauf ab, diesen Sektor zu „entpolitisieren“. Da die Verstaatlichte zwar als günstiger Lieferant von Rohstoffen und Halbfabrikaten für die Privatwirtschaft willkommen war, ihre Ausweitung in die Finalindustrie aber um jeden Preis verhindert werden sollte, ging es stets darum, Exponenten des Privatkapitals in den Aufsichtsgremien der Staatsbetriebe zu positionieren.
Diese Entwicklung wurde mit der 1970 erfolgten Umwandlung der ÖIG in die ÖIAG (Österreichische Industrieverwaltungs AG), dem von 1989 bis 1994 bestehenden Vehikel der ÖIAG-Tochterfirma Austrian Industries und der 2000 erfolgten Umwandlung der ÖIAG in die ÖBIB (Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH) fortgesetzt, aus welcher 2019 die ÖBAG entstand.
Unverkennbar ist, dass die ÖBAG ebenso wie ihre Vorgängergesellschaften schon spätestens den 1980er Jahren als Privatisierungsholding fungieren. So wurden in mehreren Etappen bis Anfang der 2000er Jahre alle wesentlichen Teile der ehemaligen Verstaatlichten ebenso wie die Industriebeteiligungen der staatlichen Banken an in- und ausländische Interessenten verkauft.
Um einen weiteren Ausverkauf zu verhindern wäre es daher konsequent, die Kompetenz für die restlichen Beteiligungen des Bundes (OMV 31,5, Casinos 33,24, Telekom 28,42, BIG 100, Post 52,85, Verbund 51 Prozent) direkt an die zuständigen Ministerien zu übertragen. Damit würde auch die politische Verantwortung von Regierung und Parlament für die Staatsbeteiligungen konkreter und transparenter als bisher.
Die Vollversammlung der oberösterreichischen Arbeiterkammer fordert daher den Nationalrat auf, das ÖBAG-Gesetz 2018 aufzuheben und an dessen Stelle ein Gesetz zur direkten Verwaltung der Beteiligungen des Bundes durch die zuständigen Ministerien zu beschließen.
Gemeinsame Resolution von AUGE/UG und GLB: Freie Dienstnehmer gleichstellen: Kollektivverträge erweitern!
Seit Beginn des Jahres 2020 gibt es für Fahrradbot*innen einen Kollektivvertrag. Mit Beginn des heurigen Jahres konnte von der Gewerkschaft vida eine Lohnerhöhung um 2,2 Prozent erreicht werden. Großer Wermutstropfen dabei ist, dass sich diese Lohnerhöhung – wie auch alle anderen im Kollektivvertrag vereinbarten Regelungen – nicht für die vielen freien DienstnehmerInnen der Branche anwenden lassen. Dabei ist das Problem der Abgrenzung zwischen den einzelnen Beschäftigungsformen und der damit verbundenen Umgehungskonstruktionen bekannt.
Im Regierungsprogramm der Koalition aus ÖVP und Grünen heißt es dazu: „Rechtssicherheit in der Abgrenzung von Selbstständigkeit und Dienstverhältnissen: Der Dienstnehmerbegriff soll im Sozialversicherungs- sowie Steuerrecht vereinheitlicht und klarer umschrieben werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Dabei ist sowohl auf die Privatautonomie (bzw. Entscheidungsfreiheit, „Recht auf Selbstständigkeit“) als auch auf Missbrauchsfälle im Bereich der Scheinselbstständigkeit ein besonderes Augenmerk zu legen.“
Seitens des Arbeitsministeriums gibt es allerdings derzeit keine Pläne zur Umsetzung der im Regierungsprogramm vereinbarten Zielsetzungen. Damit bleiben weiterhin derartige freie Dienstverträge – wie das Beispiel eines Fahrradboten zeigt – möglich: „Der freie Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von 3,24 Euro brutto pro, vom freien Arbeitnehmer, erledigter Bestellung. Der Auftraggeber verpflichtet sich weiterhin, dem freien AN mindestens 2 Bestellungen pro Stunde zu garantieren. Der freie AN nimmt zur Kenntnis, dass dieses Vertragsverhältnis dem Arbeitsrecht nicht unterliegt und daher kein Anspruch auf Urlaub, Krankenentgelt, Sonderzahlungen, Abfertigung, etc. entsteht. Es kommt kein KV zur Anwendung.“
Damit liegt der garantierte Stundenlohn freier Dienstnehmer*innen mit 6,48 Euro weit unter den vom KV garantierten 8,71 Euro (Stand 2020). Hinzu kommen Schlechterstellungen beim Kilometergeld bzw. eine fehlende Erstattung der Kosten für die Verwendung des Privathandys. Ebenso fehlen bei freien Dienstnehmer*innen die Absicherung im Krankheitsfall und der Anspruch eines bezahlten Urlaubs, sowie der auf Sonderzahlungen.
Die Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich fordert daher den Arbeitsminister dazu auf, eine gesetzliche Änderung vorzubereiten und dem Parlament vorzulegen, die eine Überarbeitung des Arbeitsverfassungsgesetzes dahingehend vorsieht, dass freie Dienstnehmer*innen in die Regelungen der Kollektivverträge aufgenommen werden können.